Bild: Tobias Hasenkamp von Greenpeace Bochum sprach mit uns über Herausforderungen des Umweltaktivismus. , „Das letzte Wort haben“: Interview mit Tobias Hasenkamp von Greenpeace Bochum Foto: tims
Die erste Woche der Klimakonferenz in Paris ist vorbei und die AkteurInnen streiten weiter über ein mögliches weltweites Klimaabkommen. Während Angela Merkel keinen konkreten Termin für einen Kohleausstieg in ihrer Rede formulierte, zeigt sich Indien kompromissbereit und selbst die USA wollen mehr für den Klimaschutz unternehmen. :bsz-Redakteur Tim Schwermer sprach mit Tobias Hasenkamp, RUB-Student und gleichzeitig seit fünf Jahren aktiv bei Greenpeace Bochum. 
 
:bsz: Ist Greenpeace Bochum auch bei der Klimakonferenz dabei?
 
Tobias Hasenkamp: Wir waren jetzt in Berlin auf der Demo am letzten Sonntag, wo Greenpeace groß vertreten waren. Aufgrund des vorläufigen Demonstrationsverbots in Paris haben wir die Demos in Paris abgesagt und werden stattdessen lokal zum Ende der Konferenz demonstrieren. Unsere Strategie und auch die von anderen Umweltschützern ist, das letzte Wort zu haben und die Beschlüsse der Konferenz zu kommentieren. Ob es ausreicht oder nicht, der Klimagipfel ist ein wichtiger Meilenstein, aber er wird nicht die Welt retten, sondern hoffentlich Prozesse anstoßen und weiteren politischen Aktivismus hervorbringen.
 
Indien soll als wichtiges Schwellenland eine Schlüsselrolle beim Klimaschutz einnehmen – kann das Ihrer Meinung nach gelingen? 
 
Es ist sehr wichtig, für Klimagerechtigkeit zu sorgen, also wer letztendlich für die Gelder aufkommt, um eine weltweite Energiewende zu ermöglichen. Die westlichen Staaten müssen eine Möglichkeit finden, Entwicklungshilfe zu leisten, damit zum Beispiel Indien nicht alleine gelassen wird. Vor allem China und die USA als ehemalige Sorgenkinder des Klimaschutzes haben ihre Positionen korrigiert, weil China mit der gigantischen Smoggefahr in den Großstädten zu kämpfen hat und die Einwohner die erheblichen Gesundheitsrisiken spüren. Obama hat immerhin Shell die Öl-Bohrgenehmigung in der Arktis entzogen und auch die Ölsandgewinnung im Norden Kanadas eingeschränkt. Die Richtung stimmt also. 
 
Macht die aktuelle Große Koalition zu wenig für den Klimaschutz?
 
Generell ist die Haltung der Bundesregierung wechselhaft und stimmungsabhängig. Umweltministerin Hendricks hat vor kurzem einen Kohleausstieg in den nächsten 20 Jahren angedeutet. Wir haben deshalb gehofft, dass Merkel den deutschen Kohleausstieg bei ihrer Rede am Montag verkündet – was sie nicht getan hat. Lange hat sie sich als Klimakanzlerin feiern lassen, vor allem, weil andere Länder noch weniger getan haben! Deutschland war auch lange Vorreiter, deshalb ist die deutsche Energiewende auch so wichtig für den Wandel weltweit. 
 

Müssen die BürgerInnen vielleicht mehr Bereitschaft zum Klimaschutz zeigen? 

 Es gibt keine Energiewende zum Nulltarif. Allerdings zeigen viele Studien auch, dass wir mit einer frühzeitigen Energiewende sehr viel höhere Folgekosten zum Beispiel im Gesundheitsbereich vermeiden können. Greenpeace hat eine entsprechende Studie („Energy Revolution“) zum Klimagipfel herausgegeben. Unser Ziel ist es, bis 2050 den Energiebedarf weltweit zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien zu decken und Deutschland soll dabei als Vorreiter agieren. So würde sich das Klima hoffentlich um maximal 1,5 Grad erwärmen. Die Prognosen geben hier nur Wahrscheinlichkeiten wieder, aber gerade deshalb müssen wir die 1,5 Grad Grenze anstatt der 2 Grad Grenze anstreben, um die Gefahr zu minimieren, dass wir zukünftigen Generationen durch unseren Energiehunger ein menschenwürdiges Leben verbauen.

Was tun? Auf der Straße protestieren oder eigenes Konsumverhalten ändern?

 
Beides. Generell ist der politische Druck sehr wichtig und Demos wie die gegen TTIP-Demo in Berlin mit über 150.000 Menschen zeigen, dass ein Potential da ist. Zwei Dinge kann eigentlich jeder ohne großen Aufwand tun: Zu einem Öko-Strom-Anbieter wechseln und auf übermäßigen Fleischkonsum verzichten, denn unsere Ernährung ist auch ein wichtiger Faktor bei der Erderwärmung. Da die Politik den Klimaschutz verschlafen hat, gibt es leider oft eine gewisse Motivationslosigkeit, der wir entgegenwirken wollen. Andere Themen wie Waldschutz oder TTIP treffen die Menschen eher. Wir arbeiten aber daran, vielseitigere Aktionen zu gestalten und in Zukunft auch stärker an der Uni vertreten zu sein, zum Beispiel um über nachhaltigen Konsum zu informieren. Umweltschutzorganisationen arbeiten zum Beispiel an einer Initiative, Städte und Universitäten dazu zu bewegen, ihre Anteile an Energieanbietern wie RWE abzustoßen, um Umweltpolitik von unten zu betreiben. Da die RWE-Aktie momentan im freien Fall ist, wird es ohnehin höchste Zeit, sie zu verkaufen.
 
Ein Schlusswort von Ihnen… 
 
Der Klimawandel ist die Herausforderung der heutigen Zeit. Aber wenn wir konsequent zusammenarbeiten, dann wird er am Ende auch Chancen bieten. Sollten wir bis 2050 den Ausstieg aus den fossilen Energien bewerkstelligt haben, dann werden wir  auch in einer friedlicheren Welt leben, da Energiekonflikte gelöst werden und die internationale Zusammenarbeit die Staaten näher zusammenrücken lässt.
 
Das Interview führte :Tim Schwermer
 

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