Alle paar Tage brennen Geflüchtetenunterkünfte irgendwo in Deutschland. Als Verantwortliche vermuten die Behörden meist Einzelpersonen oder kleine Gruppen, meist aus dem lokalen Umfeld. Um die Republik also mit einer Serie rechtsterroristischer Anschläge zu überziehen, bedarf es anscheinend nicht einmal einer rechten Organisation, die das Ganze lenkt, die rechten Zellen schlagen auch unabhängig voneinander los. Trotzdem ist das nicht ganz richtig.
Zwar steuern Pegida und seine Ableger sowie die weiter nach rechts rückende AfD solche Anschläge nicht, aber sie bereiten ihnen den Boden. Auf ihren Versammlungen werden verbal die Brände gelegt, die andernorts real eine Asylunterkunft in Flammen aufgehen lassen.
Wenn BürgerInnen Angst vor gesellschaftlichen Veränderungen haben und vor Wohlstandsverlust, oder sich Sorgen machen, ob die Aufnahme Geflüchteter zu bewältigen ist, ist das durchaus verständlich. Mit dem Verständnis ist aber Schluss, wenn Leute ihre Sorgen und Ängste in Form von Vorurteilen und purem Hass herauslassen. Wer auf einer Demo Galgen für PolitikerInnen aufstellt, ist mitverantwortlich für Attentate wie das auf die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker (zum Anschlagszeitpunkt noch Kandidatin). Sowohl Pegida als auch AfD zeigen keine Berührungsängste zu Rechtsextremen. Es werden nicht nur die gleichen kleinbürgerlichen Ressentiments angesprochen wie von den Nationalsozialisten, auch die Rhetorik ist die gleiche. Das betrifft nicht nur den an Goebbels erinnernden Sprachduktus des Thüringer AfD-Chefs Bernd Höcke oder die Skandalrede des Autoren Akif Pirinçci, der darin unter anderem bedauert, dass die KZs außer Betrieb seien.
Unverkennbares Nazivokabular
Dass dies selbst für Teile der Pegida-Führung ein zu tiefer Griff in die Mottenkiste der Nazirhetorik darstellt, wundert da allerdings. Die „Lügenpresse“-Sprechchöre, die vom Podium eingeleitet, stehen schließlich in derselben Tradition. Mindestens genauso erschreckend ist auch die Benutzung von Nazi-Vokabular aus den Versammlungen heraus, gegenüber PolitikerInnen, JournalistInnen und anderen GegnerInnen. Worte wie „Judenpack“, „Judensau“ und „Volksverräter“ lassen keinen Zweifel daran, woher sie stammen, und wer sie benutzt, macht das nicht zufällig. Angesichts der eskalierenden Hetze nimmt der Verfassungsschutz nun die Pegida-Ableger ins Visier, PolitikerInnen etwa der SPD fordern dies auch für die AfD.
Hassklima à la Weimar?
Das ändert alles jedoch nichts an dem Klima des Hasses, das längst geschaffen wurde und in dem GewalttäterInnen sich legitimiert sehen, Brand- und Mordanschläge zu verüben. Ob ein historischer Vergleich mit der Weimarer Zeit angebracht scheint, ist fraglich, denn historische Vergleiche hinken bekanntlich immer. Die gesellschaftliche und politische Ausgangslage ist eine andere. Aber was man mit wachsender Besorgnis beobachten kann, ist, wie sich eine rechtsextreme Bewegung zumindest in Teilen der Gesellschaft weiter etabliert. Eine Bewegung, die vorgibt, das Abendland zu verteidigen, dabei aber weniger eine plurale demokratische Gesellschaft vor Augen hat als vielmehr ein völkisches Hirngespinst.
:Johannes Opfermann
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