Er wollte nur an neuen Arzneimitteln forschen. Dann kam Albert Hofmann 1943 versehentlich mit der Flüssigkeit in Kontakt – und entdeckte prompt die psychedelische Wirkung von LSD, mit dem er sich von da an regelmäßig berauschte. Tatsächlich starb der Schweizer Chemiker 2008 im stolzen Alter von 102 Jahren. Ob das was mit der Droge selbst zu tun hat?
Auf den ersten Blick wirkt LSD wie eine Art Wundermittel: Es öffnet die Tore zum Bewusstsein, bietet KonsumentInnen einen veränderten Blick auf die Welt um uns herum – und all das unglaublich intensiv und vermeintlich ohne Suchtpotential oder Nebenwirkungen. So setzten es auch PsychiaterInnen mit Vorliebe ein: zum einen, um das Seelenleben von schwer therapierbaren PatientInnen zugänglicher zu machen und zum anderen zur Selbstberauschung – angeblich, um die psychischen Ausnahmezustände ihres Klientels besser zu verstehen.
„Bevor ich das erste Mal LSD genommen habe, hatte ich einen abgefahrenen Traum mit Wolken. Anscheinend war dieser so intensiv, dass ich bei meinem ersten Trip nur in den Himmel starrte. Zu diesem Zeitpunkt habe ich geglaubt, dass die Wolken direkt auf mich zukommen. Ich musste mich in meinem Zimmer verstecken, weil mir das zu unheimlich wurde.“
Florian, 25, RUB-Student
Die Hippie-Bewegung der 60er Jahre ging schon offener mit ihren LSD-Trips um: Selbst die Beatles priesen mit „Lucy in the Sky with Diamonds“ die psychedelische Wirkung des natürlich im Mutterkornpilz vorkommenden Stoffes. Die häufig auf Esspapier geträufelte Substanz galt für viele als die ‚geistige Atombombe‘ zur Selbstentfaltung. Ganz unbedenklich, versteht sich. Dennoch stufte Deutschland 1971 das damals noch sehr beliebte Acid als nicht verkehrsfähig ein – und verbot damit das stärkste bisher bekannteste Halluzinogen.
Harmlose Bewusstseinserweiterung?
Je nach KonsumentIn wirkt LSD extrem unterschiedlich – es reichen jedoch einige tausendstel Gramm für einen halbtätigen, eindrücklichen Trip. Ähnlich dem chemisch verwandten Wirkstoff von Pilzen (Magic Mushrooms) hängt die Art des Erlebten stark vom „Set & Setting“ ab, also der Verfassung und der Umgebung, in der konsumiert wird. Während die einen ihre Umgebung als abgedreht eingefärbt und Töne etwa als bunte Muster wahrnehmen, erleben andere furchteinflößende Horror-Halluzinationen.
„Ohne LSD war meine Welt deutlich trüber. Ich mag, wie sich die Formen in meiner Umgebung zusammen mischen. Nichts hat mehr seine ursprüngliche Gestalt oder Farbe. Wer noch nie diese Droge zu sich nahm, sollte sich auf ein Kettenkarussell setzen; die vorbeiziehende Landschaft entspricht meinem Trip.“
Mike, 28, arbeitslos
Gravierende Bewusstseinsveränderung
Bei manchen Menschen reicht ein einziger Trip fürs Leben: Sie entwickeln die so genannte „fortbestehende Wahrnehmungsstörung nach Halluzinogengebrauch“, bei der sie immer wieder Horrorvisionen und Angstzustände erleben – sprich, ihre Psyche springt auch ohne Konsum noch Jahre später in den LSD-Modus. Dieses Phänomen ist allerdings sehr selten und wenig erforscht; doch es zeigt, wie stark die Substanz auf den Körper wirken kann.
Neueste Forschungsergebnisse weisen auch darauf hin, dass LSD den Mechanismus der Genexpression dauerhaft verändert – es greift also scheinbar darin ein, wie unsere Gene abgelesen und die entsprechenden Funktionen ausgebildet werden.
Da es allerdings generell noch wenig gesicherte Befunde zu den Gefahren des berauschenden Mutterkorn-Abkömmlings gibt, beharren eingefleischte LSD-Fans weiterhin auf dessen Harmlosigkeit und begeben sich regelmäßig als PsychonautInnen auf die ungewisse Reise in ihr Inneres – mit momentan noch nicht abzuschätzenden Spätfolgen.
Steckbrief: LSD
Erste Räusche: Mitte des 20. Jh.
Wirkstoff: Lyserg-Säure-Diethylamid
Wirkung: vorwiegend halluzinogen
Zu sehen in: „Fear and Loathing in Las Vegas“
In unserer Drogenreihe stellen wir Euch die Wirkungsweise verschiedener Substanzen vor – Erfahrungsberichte treffen auf Wissenschaft.
Lest hier auch den anderen bisher erschienenen Artikel der Reihe:
„Schmetterling trifft Handgranate“
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