Bild: Dröhnen aus der Dunkelheit: Nur ein kleiner Lichtschein für die Effektgeräte skizzierte das Antlitz der Musiker aus NRW. , In einem Kreis von 15 Verstärkern dröhnt es sich eben am besten Foto: mb

Wer braucht schon eine voll besetzte Band, wenn ein Kreis aus 15 Verstärkern darauf wartet, angespielt zu werden? Zwei Bassisten und ein Gitarrist bewiesen vergangenes Wochenende in der Christuskirche, dass kreative musikalische Experimente atmosphärischer sein können, als man denken würde.

Bereits beim Eintreten in das Kirchenschiff musste sich das Publikum bemühen, nicht über die unzähligen Kabel zu stolpern, die für das spätere Klangspektakel quer durch die zugegeben etwas kühle Räumlichkeit gespannt waren. Das Licht war zum Ärgernis der FotografInnen auf das Mindeste gedimmt – ein paar kleine Scheinwerfer tauchten lediglich den Altarbereich in warmrotes Licht.

Impro statt Vorband

Tatsächlich spielte die Musik zunächst vorne: Eine Kollaboration von einem kanadischen Ein-Mann-Projekt (thisquietarmy) mit der Berliner Band Caudal eröffnete den „Moving Noises Evening“. Gemeinsam improvisierten sie drei Stücke, deren atmosphärischen Klang sie auf die Gegebenheiten des ungewöhnlichen Veranstaltungsortes abstimmten. 

Im Angesicht des Herrn: Am Altar eröffnete die deutsch-kanadische Kollaboration von Caudal und thisquietarmy den „Moving Noises Evening“.	 Foto: mbMusikalisch bewegten sich die experimentierfreudigen Instrumentalisten zwischen Ambient und Post-Rock mit einem Hauch von Drone Doom. Mit unglaublich feinfühliger Klangdynamik versetzten sie einen Großteil des Publikums in eine Art Trance, wie im Anschluss den Gesprächen der BesucherInnen zu entnehmen war. Damit machten die vier Musiker dem Namen ihres Projekts alle Ehre: The Thisquietarmy Caudal Big Band Play Hypnodrones – und das sogar aus dem Stegreif.

Ungewöhnlicher Drone-Leckerbissen

Die Hauptattraktion des Abends blieben jedoch das Bassisten-Duo  [ B O L T ] und der Dortmunder Gitarrist N, die nach einer kurzen Unterbrechung in der Mitte der stockdunklen Christuskirche Platz nahmen. Sie bildeten das Zentrum des Kreises aus 15 Verstärkern, die um die ZuschauerInnen herum aufgebaut waren. Nur von einem schwachen Lichtschein über den Effekt-Geräten erhellt, begannen die Bochumer Jungs von [ B O L T ], ganz sachte eine Klangwand aufzubauen, bis schließlich die Gitarre zaghaft einsetzte und mitunter die Führung übernahm.

Langsam steigerte sich das Atmosphärische in energisches, hypnotisches Dröhnen, das mal aus einzelnen und zunehmend abwechselnd aus mehreren verschiedenen Verstärkern zu hören war. Teilweise erreichte das, was die Musiker an ihren Saiten erzeugten, erst mehrere Sekunden später die Ohren der ZuhörerInnen aus einer ganz andere Ecke des Raumes. Geschlossene Augen halfen, sich nicht davon ablenken zu lassen, sodass man ganz und gar in der intensiven Klanggewalt des Surround-Sounds versank. Ein vollauf geglücktes musikalisches Experiment, das die LiebhaberInnen des Drone-Genres sichtlich in ihren Bann zog und begeisterte.

Nach dem Dröhnen bleibt nun die Vorfreude auf einen ähnlich konzipierten Abend im November. Wer sich bis dahin nicht gedulden kann – Klangproben von vergangenen Veranstaltungen gibt es auf movingnoises.com.

:Melinda Baranyai

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