Die Pläne für die kommende Saison des RUB Motorsport e.V. tragen dieses Kürzel EVO1: So lautet der Name des neuen, verbesserten Modells des RUB14-Rennautos, das die studentischen AutobauerInnen in diesem Jahr von ihrer Werkstatt in der I-Reihe auf die Piste in Tschechien bringen wollen. Bis so ein Rennauto aber erst einmal fährt, ist harte Arbeit nötig. Wir haben das Rennsport-Team der RUB in der Werkstatt besucht.
Nach der Vorlesung mit Vollgas auf die Rennstrecke? Wer sich unter der Mitarbeit bei RUB Motorsport vor allem die Teilnahme an Autorennen vorstellt, liegt falsch, verrät uns Maschinenbau-Student Christopher Koch, der seit 2013 als erster Vorsitzender des Vereins fungiert. „Unsere Arbeit besteht nur zu zwei Prozent tatsächlich aus Rennen.“ Bleiben also noch 98 Prozent, in denen an der perfekten Konstruktion eines Rennwagens gefeilt wird – ein Prozess, der von den studentischen AutobauerInnen in Eigenregie erledigt wird und viel Zeit in Anspruch nimmt. „Von den ersten Bauplänen bis zu dem Moment, wo das Auto das erste Mal auf eigenen Rädern stehen und fahren kann, hat es im letzten Jahr sieben Monate gedauert“, erzählt Christopher.
Das Ergebnis dieser Arbeit, der RUB14-Rennwagen aus der vergangenen Rennsaison, soll nun in diesem Jahr optimiert werden – vor allem durch den Einbau eines Kohlefaserrahmens, der eine Reduzierung des Fahrzeuggewichts verspricht. „Deshalb machen wir dieses Jahr, was die Rennen angeht, auch eine Pause und treten nur bei der Formula Student in Tschechien an“, verrät Christopher.
Das Ziel ist der Hockenheimring
Formula Student – diesen Namen trägt das Ziel, auf das nicht nur an der RUB ein junges Team aus KonstrukteurInnen hinarbeitet. Auch an der Hochschule Bochum, der TU Dortmund oder etwas weiter weg an den Unis in Aachen oder Krefeld gibt es längst Motorsport-Teams, die auf eine Teilnahme an der studentischen Rennformel hinarbeiten. Formula-Student-Wettbewerbe finden mittlerweile auf der ganzen Welt in Ländern wie China, Indien und den USA statt – ein Event scheint jedoch für die studentischen Motorsport-Teams eine besondere Anziehungskraft zu haben, so Christopher: „Die Formula Student Germany hat international den besten Ruf. Da wollen Teams aus aller Welt hin.“ Das dürfte auch dem Austragungsort des deutschen Formula-Student-Wettbewerbs geschuldet sein – denn der deutsche Ableger der studentischen Rennformel findet auf der Formel-1-Rennstrecke am Hockenheimring statt.
Hier treten sowohl Teams an, die auf klassische Verbrennungsmotoren setzen als auch solche, die Elektroautos konstruieren; ein Viertel der KonstrukteurInnen kommt von deutschen Unis. Ergänzt wird das TeilnehmerInnenfeld durch zahlreiche internationale Teams, unter denen die 75 zu vergebenden Startplätze in der Verbrennerklasse sowie die 45 Plätze in der Elektroklasse sehr begehrt sind, sodass es in jedem Jahr mehr BewerberInnen als Startplätze gibt. „Deshalb muss jedes Team, das teilnehmen möchte, vorher ein Quiz mit technischen Fragen oder Fragen zum Regelwerk der Formula Student beantworten“, verrät Christopher.
Schnell sein ist nicht alles
Die Formula Student versteht sich selbst jedoch in erster Linie als Innovationswettbewerb für KonstrukteurInnen, bei dem es in den verschiedenen Disziplinen auf viel mehr als nur auf Schnelligkeit ankommt. Während etwa beim Beschleunigungstest gemessen wird, wie schnell das Auto aus dem Stand heraus auf einer geraden Strecke von 75 Metern werden kann, ist in den sogenannten statischen Disziplinen vor allem Verkaufstalent gefragt: So muss jedes Team einen Marketingplan vorlegen, mit dem fiktive potenzielle InvestorInnen vom selbstgefertigten Auto begeistert werden sollen. Zudem will die Jury aus VertreterInnen der Automobilindustrie ganz genau wissen, was sich die AutobauerInnen beim Konstruktionskonzept ihres Wagens gedacht haben. In dieser Disziplin wird ganz genau nachgebohrt, weiß Christopher: „Deshalb nennt man diese Begutachtung durch die Jury auch oft Design Defending, denn man muss seine Ideen da teilweise echt verteidigen.“
Die Königsdisziplin bei der Formula Student bildet jedoch das sogenannte Endurance-Rennen, bei dem auf einer Strecke von 22 Kilometern Länge gefahren wird. „Hier hat dann natürlich das schnellste Auto die Nase vorn, aber es wird auch auf das individuelle Budget jedes Teams geschaut, um zu sehen, was jedeR mit seinen/ ihren eigenen Mitteln hätte erreichen können.“ Denn auch bei der studentischen Rennformel hat professionelles Sponsoring Einzug gehalten. So verweist Christopher auf die Frage nach den Top-Teams der Formula Student auf die KonstrukteurInnen der Unis im süddeutschen Raum, die eng mit der Autoindustrie zusammenarbeiten. Ein weiterer Sponsor ist bereits durch sein Engagement in anderen Sportarten bekannt: „Das Team der Uni Graz wird von Red Bull unterstützt.“
Der Traum vom eigenen Rennauto
Ohne Sponsoren geht es also nicht, schließlich kostet die Fertigung eines Rennautos viel Geld – und somit sind Öffentlichkeitsarbeit und Sponsorenakquise wichtige Aufgaben, in die sich potenzielle Neumitglieder bei RUB Motorsport einbringen können. „Man lernt hier vieles, was man in seinem Studium leider nicht erfährt“, erklärt Christopher, der in seinem Studiengang die Vertiefungsrichtung der Kraftfahrzeugantriebstechnik gewählt hat – und dort viele potenzielle Anknüpfungspunkte zu RUB Motorsport sieht. „Von den Fahrzeugdaten, die wir liefern, könnte man so viel lernen, aber das Studium ist leider in vielen Punkten sehr theoretisch.“
Die praktische Erfahrung, so Christopher, lohnt sich auch im Hinblick auf das spätere Berufsleben. „Bei vielen Praktika in der Automobilindustrie wird Erfahrung in der Formula Student gewünscht.“ Auch er sieht sich in einigen Jahren in dieser Branche. Ob er dann auch an der Konstruktion von Rennautos mitarbeiten wird? „Das kann ich jetzt natürlich noch nicht sagen – aber das ist und bleibt natürlich ein Traum. Ein Traum, den ich, bis es mal so weit ist, bei RUB Motorsport ausleben kann.“
:Birthe Kolb
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