Es fehlt an verbindlichen Zusagen: Nach der Haushaltssperre und den damit zu erwartenden Kürzungen für die freie Kulturszene beschwichtigt Bochums Kulturdezernent Michael Townsend, dass die Förderung der „Freien“ nicht gefährdet sei. Rolf Stein vom Bahnhof Langendreer macht dagegen gegenüber der :bsz klar, wie prekär die Lage ist.
Nur 70 Prozent des bisherigen Etats für die freie Kulturszene sollen aus dem Haushalt zur Verfügung gestellt werden. Die Kürzung um 30 Prozent hat bereits Auswirkungen: „Falls sich diese Situation bis zum Jahresende, auch in abgemilderter Form, fortsetzt, stehen allen Einrichtungen massive Finanzprobleme ins Haus“, versichert Rolf Stein vom Bahnhof Langendreer. „Wir sind unmittelbar dadurch betroffen, sodass wir ein Afrika-Festival im August absagen mussten.“
Ein Kulturentwicklungsplan, wie er von PolitikerInnen und Kulturschaffenden vorgeschlagen wurde, würde da nicht auf Anhieb weiterhelfen: „Das wäre schön, hat aber aktuell keine Bedeutung. Um ihn wirksam werden zu lassen, würden vermutlich Jahre ins Land ziehen. Diese Zeit haben wir nicht“, so Stein. Aus der Sicht der freien Kulturszene fehle es vielmehr, wie Stein für den Bahnhof Langendreer spricht, in der Kulturpolitik an Verbindlichkeiten von Parteien und Verwaltung: „Politik und Verwaltung sollte inzwischen bewusst sein, dass diese Situation in Teilen für die Freie Szene existenzbedrohend ist. Die einzige Möglichkeit, um aus dieser Lage raus zu kommen, ist die Erarbeitung langfristiger Förderverträge, die so rechtssicher gestaltet sind, dass sie auch in diesen Zeiten der permanenten Haushaltskrise voll umfänglich wirksam bleiben.“
„Herr Townsend hat letztmalig vor Monaten mit uns geredet“
Neben vielen anderen Einrichtungen der freien Kulturszene in Bochum ist auch das Kulturzentrum in Langendreer schon seit Jahren von Kürzungen betroffen – während kulturpolitische Fördersysteme Prestigeprojekte wie aktuell das Konzerthaus, das zuletzt weitere 2 Millionen Euro an Mehrausgaben verschlang, begünstigen: „Wieso eine Maxi-Koalition aus CDU/SPD/Grüne sich von den Symphonikern in verschärften Krisenzeiten in finanzielle Abenteuer für das Konzerthaus einspannen lassen, ist wahrscheinlich nicht nur uns ein Rätsel“, so Stein. „Es gibt nicht die Spur von Verteilungsgerechtigkeit.“
Kulturdezernent Michael Townsend sei bisher gar nicht auf die Kritik eingegangen, wie Stein verrät: „Herr Townsend hat letztmalig vor Monaten mit uns geredet. Er signalisiert Gesprächsbereitschaft, hält es aber nicht für nötig, ernsthafte Gespräche über die Zukunftssicherung mit uns zu führen.“ Notwendig wären dagegen nun verbindliche Gespräche über rechtssichere Verträge, die den „Freien“ Planungs- und Finanzierungssicherheit gewährleisten könnten. Doch dieser Lösung verwehrt sich der Dezernent, der gleichzeitig beschwichtigt, dass die Förderung nicht in Gefahr sei. Davon kann aus Steins Sicht nicht die Rede sein: „Herr Townsend verteilt Beruhigungspillen, von deren Wirkung er womöglich selbst nicht überzeugt ist.“
:Benjamin Trilling
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