„Die Menschen, um die es geht, werden gar nicht mehr gesehen.“ Mit diesem und ähnlichen Sätzen weist eine Gruppe RUB-Studierender in der Plakatausstellung „Asyl ist Menschenrecht“ seit einigen Wochen in der Mensa der RUB auf die unmenschlichen Bedingungen hin. Diesen sind Geflüchtete nach ihrer Ankunft an den Grenzen der EU oft ausgesetzt. Doch es bleibt nicht nur bei den Plakaten – im Projekt „Mapping Refugees‘ Arrivals at Mediterranean Borders“ (MAREM) erforschen die Studierenden, wie man die Situation Asylsuchender in den Mittelmeerländern konkret verbessern kann. In der vergangenen Woche wurden die Ergebnisse des Projekts vorgestellt – mit einem ernüchternden Fazit.
In den Mittelmeerländern, die für Schutzsuchende aus Krisenländern wie Syrien das Tor nach Europa bilden, fehlt es an Standards für eine Unterbringung der Geflüchteten. Die Folge sind überfüllte Unterbringungslager mit schlechten hygienischen Bedingungen und eine mangelhafte Betreuung etwa durch Polizeibeamte, die für diese Aufgabe unqualifiziert sind. Zu diesem einstimmigen Schluss kommen die Studierenden, die im vergangenen Jahr am Forschungsprojekt MAREM teilgenommen und vor Ort in Italien, Malta, Griechenland oder Zypern mit VertreterInnen von NGOs gesprochen haben, die die schlechten Zustände seit Jahren kritisieren und zu verbessern versuchen.
Das Asylsystem und seine Lücken
Einer von ihnen ist Apostolos Velzis, Vertreter der griechischen Gruppe der humanitären Organisation Ärzte ohne Grenzen. In seinem Heimatland, so der Abschlussbericht der MAREM-TeilnehmerInnen, leben ungefähr eine Million Menschen ohne Aufenthaltsgenehmigung. Bis vor zwei Jahren gab es faktisch kein System, das sich um Asylanträge oder die Unterbringung von Schutzsuchenden kümmerte – und auch jetzt, so Velzis, fehle es an qualifiziertem Personal. Die Folge: Oft müssen Geflüchtete bei ihrer Erstaufnahme in Griechenland bis zu 18 Monate lang in überfüllten Lagern ausharren. „Die Unterbringung dort ist Folter“, so Velzis.
Bleiberecht für alle – außer für Flüchtlinge
Auch auf Zypern sieht es nicht anders aus: „Hier scheint ein Zusammenhang zwischen dem Herkunftsland der Flüchtlinge und ihrer Ablehnung zu bestehen“, so RUB-Student Michael Veltin, der die Mittelmeerinsel im Rahmen des Projektes besucht hat. „Die Asylanträge 100 Prozent der Flüchtlinge, die aus Ländern wie Indien, Vietnam oder den Philippinen angereist sind, wurden sofort abgelehnt.“ Das zypriotische Bleiberecht sieht zwar für jeden, der sich in Zypern aufhalte, nach einem fünf Jahre langen Aufenthalt im Land die Möglichkeit vor, eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten – Menschen, die Asyl beantragen, seien von diesem Gesetz aber explizit ausgenommen.
Vernetzung von Organisationen gefordert
Gegen Praktiken wie diese hagelt es Kritik von vielen Seiten – vielleicht auch von zu vielen. „Es gibt in Zypern eine Vielzahl von Akteuren, die sich für Flüchtlinge einsetzen, aber es fehlt ein koordinierendes Netzwerk.“ Den Wunsch nach einem solchen, so Veltin, hätten viele der NGO-VertreterInnen im Interview mit dem MAREM-Team geäußert. Es besteht also noch viel Handlungsbedarf im Mittelmeerraum.
:Birthe Kolb
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