Der Mineralölkonzern Shell ist auf dem bestem Wege, mit seinen Bohrinseln in die bisher weitgehend unangetastete Arktis vorzudringen – trotz zahlreicher Proteste von UmweltschützerInnen und Bedenken vonseiten der Wissenschaft. Im Polarmeer nach Öl zu bohren sei mit erheblichen Risiken für die Umwelt verbunden, so die KritikerInnen. US-Präsident Obama wird in einer Petition aufgefordert, seine umstrittene Erlaubnis an Shell zurückzuziehen.
Die Ölplattform Polar Pioneer ist am Samstag, den 16. Mai im Hafen von Seattle angekommen. Von dort aus soll sie im Juni Kurs auf die Tschuktschensee vor Alaska nehmen, wo sie als erste nach Öl bohren wird. (Bisher gibt es im ganzen Polarmeer nur eine – russische – Plattform.)
„Begrüßt“ wurde sie in der größten Stadt des Bundesstaates Washington von rund 2.000 Kanus und Kajaks, wie Greenpeace berichtet. Die Umweltorganisation beobachtet die Polar Pioneer schon seit Wochen und hatte zu der Protestaktion aufgerufen.
Dass das rund 120 Meter lange und 90 Meter hohe Plattform- und Transporter-Gespann Blue Marlin und Polar Pioneer an seinem temporären Zuhause ankam, konnten die engagierten PaddlerInnen freilich nicht verhindern. Die „Los Angeles Times“ zitiert einen Sprecher des Terminal 5 des Seattler Hafens, der an Shell vermietet wird, mit: „Wir haben das größere Schiff.“
Eine neue Energiehoffnung
Seattle ist nur ein Zwischenstopp für die Polar Pioneer. Bis Juni sollen diverse US-amerikanische Behörden die Bohrerlaubnis bestätigen, die Barack Obama der Royal Dutch Shell verliehen hat, berichtet die „LA Times“. Dann geht es für die Bohrinsel weiter nordwärts. Dort, jenseits der Beringstraße, die Alaska und Russland trennt, soll sie ihre Arbeit aufnehmen.
30 Milliarden Barrel Öl sollen dort zu holen sein. In der gesamten Arktis sollen laut Shell rund 13 Prozent des bisher unentdeckten Erdölvorkommens im Meeresboden lagern.
Ölbohrungen im Polarmeer: Stärkere Anfälligkeit für schlimmere Unglücke
Der Abbau aber gilt als extrem schwierig. Zahlreiche Unternehmen werden abgeschreckt von technische Unsicherheiten und finanzielle Risiken. „Alle arktischen Vorräte müssen als nicht verbrennbar behandelt werden“, zitiert der Schweizer „Tagesanzeiger“ WissenschaftlerInnen aus der angesehenen Fachzeitschrift „Nature“.
Elizabeth Tedsen vom Ecologic Institut in Berlin fasst die Umweltrisiken nüchtern zusammen: „Hauptgründe zur Sorge sind der Austritt und die Freisetzung von Öl, wobei die Risiken in der Arktis noch zunehmen, hervorgerufen durch (jahreszeitlich bedingte) frühe Dunkelheit, wechselnde Eisbedeckung, extreme Wetterbedingungen, beschränkten Kapazitäten Unglücken zu begegnen, sowie die langsame Verwitterung und Abbau durch Bakterien.“ Bohrungen würden zudem der Umwelt schaden, „z. B. durch Förderabfälle, die Einleitung von Wasser und Luftemissionen, sowie Störungen der Biodiversität der Arktis und ihrer Lebensräume.“
Greenpeace sammelt mit der Aktion #savethearctic weltweit Unterschriften für einen Appell an US-Präsident Obama, das Shell-Projekt zu stoppen.
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