Bild: Was heißt „Bitte lächeln“ auf Hindi? RUB-Student Kai lernte in Indien dank Kamera viele neue Menschen kennen. , Kulturschock: Wie man als EuropäerIn unterwegs in Indien einander näher kommen kann Foto: Kai G. Bernhardt

Im März nahmen einige RUB-Studis  an einer mehrwöchigen inStudies-Exkursion nach Indien teil. Kai Bernhardt war dabei und teilte bereits in der :bsz 1038 seine Eindrücke. In dieser Ausgabe erzählt er, wie Handycameras Kulturen verbinden.

Dharamsala. Selfies mit niedlichen Tieren, mit den besten FreundInnen,  mit D-Promis. Das alles ist für uns nichts Neues mehr. Das Internet ist voll von kuriosen Selbstportraits. Aber wie wäre es mit einem AusländerInnen-Selfie? Was viele hierzulande als rassistisch und politisch unkorrekt bezeichnen würden, ist in Indien der Renner, wie ich auf meiner einmonatigen Reise gelernt habe.


Wovon ich kein Foto habe, ist auch nicht passiert

Ich bin auf einem knapp 2500 Meter hohen Berg im Himalaya. Links und rechts schaue ich auf noch höhere Gipfel. Dieses Land ist beeindruckend: Vor knapp drei Stunden war ich noch umgeben von hupenden Autos und Straßenhändlern, die mir ihr Obst andrehen wollten. Jetzt stehe ich mitten in einer Landschaft – die auch ein Motiv auf einer Postkarte sein könnte – und genieße die Stille. Dann schieße ich noch ein obligatorisches Selfie, um die daheimgebliebenen FreundInnen  neidisch zu machen und die Pinnwände meiner sozialen Netzwerke aufzumotzen. Vielleicht landet das Foto sogar auf einer Online-Partnerbörse. Das zeigt dann, dass ich ein abenteuerlustiger Naturbursche bin – oder so ähnlich …

Hello Sir, one picture please!

Bei meinem Abstieg kommen mir einige Gruppen indischer Männer entgegen. Wahrscheinlich wollen sie das Gleiche wie ich: ein bisschen Natur, ein bisschen Bewegung und ein paar großartige Bilder von besonderen Momenten. Nach drei Wochen Indien weiß ich, dass auch ein Treffen mit „Weißen“ ein besonderer Moment sein kann. Ich bin also nicht mal mehr überrascht, dass ich selbst im Himalaya alle paar Meter die Frage höre: „Excuse me Sir, can I take a picture with you?“ Was ich zu Beginn meines Aufenthalts noch befremdlich fand, nehme ich jetzt mit Humor. Ein bisschen genieße ich es auch, im Mittelpunkt zu stehen. Ich habe sogar damit angefangen, jeden Inder, der ein Foto mit mir haben wollte, darum zu bitten, auf einem Selfie mit mir zu posieren. Was auch immer für alle Beteiligten okay ist.

Nach dem Foto kommt der Smalltalk

Nachdem die Bilder gemacht sind, kommen noch ein paar Phrasen wie: „Where are you from?“, „Ah, Germany! Great country!”, „What’s your name?“ und der Klassiker: „Welcome to India!“ Dann wird sich verabschiedet und man sieht sich wahrscheinlich nie wieder. Was genau meine indischen Bekanntschaften mit den Fotos machen werden, weiß ich nicht. Wahrscheinlich werden sie, wie ich mit meinen Selfies vor den Bergen, bei ihren FreundInnen angeben, sie ins Internet stellen oder auf Familienfeiern den Verwandten präsentieren. Vielleicht landen die Bilder auch auf Datingportalen, um mögliche neue PartnerInnen zu beeindrucken.


„Nein“ wird akzeptiert

Ich habe für mich einen Weg gefunden, mit diesen Situationen humorvoll umzugehen. Allerdings möchte nicht jeder auf seiner Reise zur exotischen Attraktion werden. Darum bin ich froh darüber, dass ich auch mitbekommen habe, wie FreundInnen von mir nicht mit auf Fotos von Einheimischen wollten und diese Meinung auch akzeptiert wurde.
:Gastautor Kai G. Bernhard
 

0 comments

You must be logged in to post a comment.