In der :bsz-Ausgabe 1029 gingen Benjamin Trilling und Tim Schwermer der Frage nach, wie „politisch“ Studierende heute sind. Ein/e LeserIn ging mit der Redaktion per E-Mail hart ins Gericht. Es folgt die Antwort der beiden Moralapostel.
Für RedakteurInnen ist persönliches Feedback der LeserInnen ein häufig zu kurz kommender, wichtiger Bestandteil. Wir jedoch kommen dank säckeweise LeserInnenpost kaum mit dem Antworten hinterher. Macht sich dann jemand die Mühe, eine E-Mail mit erstaunlichen 5.556 Zeichen zu verfassen, muss das öffentlich gehuldigt werden: Liebe/r LeserIn, vielen Dank für das Feedback!
Für die wenigen NichtleserInnen auf dem Campus: Der Kommentar sollte zum Nachdenken über die eigene politische Partizipation anregen. Dass Studierende mittlerweile mit viel mehr Problemen und Ängsten zu kämpfen haben und gleichzeitig durch Bologna-Bachelor-Blödsinn unglaublichem Stress ausgesetzt sind, ist klar.
Es ging hier aber nicht darum, lieber 5.556 Zeichen-Mailschreiber, sondern um ein Mindestmaß an politischem Engagement – eben nicht nur für den eigenen Lebenslauf, sondern aus echtem Interesse. Wenn das als „politischer Idealismus“ kritisiert wird, ist das OK; vielleicht wäre das auch bei einigen angebracht. Ich bilde mir dann auch ein, dass mein artiges „Wählen-Gehen“ mein politisches Gewissen beruhigt. Dass Studierende sich aber Listen und Gremien anschließen und sich trotz des Bologna-Blödsinns unentgeltlich engagieren, wollte ich lobend hervorheben. Wenn Du Dir die Mühe machst, uns so ausführlich zu antworten, ist unser Blatt wohl doch zu mehr fähig als das Essen vom Boden der Mensa aufzuwischen. Trilling, übernehmen Sie!
:Tim Schwermer
Jetzt hat er sich zu erkennen gegeben: Der „Wutbürger“ unter den :bsz-LeserInnen. Und er pflegt mit dem guten alten LeserInnenbrief auch das gute alte Querulantentum, das sich mal so richtig gegenüber der Redaktion auskotzt: Gegen die Zumutungen dieser neoliberalen (Studierenden-)Welt, die Merkels und Schwermers.
Wenigstens sind die meisten LeserInnenbriefe angenehmer als Steine durch die Redaktionsfenster. Ausgangsfrage war, ob Studierende politisch sind oder was es für Studierende überhaupt heißt, politisch zu sein. Der charmanten Definition unserer Frage, wie sie uns eine solche LeserInnenzuschrift darlegt, gebührt nun die Ehre: „Politisch sein, das heißt, an der eigenen Scheißlage die allgemeine Scheißlage zu erkennen.“ Besonders der Wortstamm „Scheiß-“ (und ich muss gestehen, mir im besagten Kommentar selbst die Freiheit genommen zu haben, das größte aller Adjektive – dafür gab es im LeserInnenbrief eine B-Note! – verwendet zu haben) wird in der Mail pointiert aufgegriffen, um uns :bsz-MoralistInnen auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen.
Das erkennen wir auch an: Eine Scheißwut auf die Scheißlage, etwa gegen „die bescheuerten Appelle von Zeit bis BSZ, von Merkel bis Gysi, von Burschenschaft bis Trilling“ (mal eine Formulierung, die zerschmissene Scheiben doch angenehmer erscheinen lässt) gehört auch dazu. Nur hilft so wütendes Poltern nicht aus Scheißlagen heraus. Bis dahin wird die :scheißbsz noch Ihr Freund und Feind der Verdauung sein.
:Benjamin Trilling
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