Bild: Keine Meinung ist auch eine Meinung
Bekenntnis gegen „schöne Seelen“: Warum es trotz Regelstudienzeitdrill, „Postideologie“ und anderen Verheißungen dann doch nicht ohne studentische politische Haltung geht.

Vorletzte Woche wurde der anarchistischen Initiative Schwarze Ruhr-Uni untersagt, einen eigentlich schon längst gebuchten (und damit ordnungsgemäßen und so was von unanarchistischen) Raum für eine politische Veranstaltung zu nutzen (siehe Seite 2).
bentDie Begründung der Verwaltung – laut VeranstalterInnen: Die Uni sei ein unpolitischer (oder aus Solidarität in Anarcho-Sprache übersetzt: herrschaftsfreier!) Raum. Damit drückt sie wohl die Befindlichkeit eines Großteils der Studierendenschaft aus, welche die Angelegenheit – und die war (man muss es da nicht mit den Anarchos halten) ein ziemlicher Eklat – ebenso unpolitisch mal so gar nicht gejuckt hat. Irgendwie bezeichnend. Aber sind Studis wirklich unpolitisch?

„Große Koalition“ im Kopf: Karriere und Konsum

Das legt zumindest eine Regierungsstudie nahe, die Ende 2014 schon im „Spiegel“ thematisiert wurde und die Sache wie folgt zusammenfasst: Studierende sind weder politisch engagiert noch links noch tolerant – ja, sie sind konservativ, konsum- und karrieregeil. Das Konservative daran ist vor allem, sich selbst einzureden, sich in einer unpolitischen Luftblase zu bewegen (oder die Rede vom unpolitischen Raum der Uni-Verwaltung und anderen Machtverwaltern einfach zu schlucken) – nach dem Motto: „Krieg, Massenflucht und Rassismus? Das ist nicht mein Bier!“

Goethe hat solcher Mentalität im „Werther“ mit der „schönen Seele“ ein Denkmal gesetzt: Diese will mit dem sozialen Scheiß in der Welt nichts zu tun haben, ganz gleich, was „die Politik da“ macht; sie ist eine ästhetische (oder konsumierende) Seele. Problem nur: Es ist und bleibt eine Haltung zur Welt, eine politische Haltung; nicht links, nicht engagiert, dafür unfreiwillig, borniert, feige, elendig, arschkriecherisch… oder wie es Rosa Luxemburg mal sehr viel diplomatischer ausgedrückt hat: „Unpolitisch sein, heißt politisch sein, ohne es zu merken.“ Auf wie viele Studierende das doch leider zutrifft.

:Benjamin Trilling
 

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