Bild: Abklatsch im asiatischen Gewand? Die Serie "Marco Polo". , Marco Polo am Hof des Kublai Khan Collage Netflix, ck

Die neue Netflix-Serie „Marco Polo“ begibt sich auf die Spuren des gleichnamigen venezianischen Händlersohnes, der im 13. Jahrhundert Asien und insbesondere die Mongolei bereiste. Einen Großteil seiner Zeit soll der ambitionierte Entdecker am Hofe des Mongolenherrschers Kublai Khan verbracht haben. Ob dies stimmt, darüber streiten sich HistorikerInnen noch immer. Egal, denn bei Netflix will man schließlich keine schnöden Dokumentationen drehen, sondern die ZuschauerInnen nun auch mit einer gehörigen Portion Sex, Gewalt und Intrigen unterhalten – ganz so, wie es „Game of Thrones“ (HBO) und „Vikings“ (History-Channel) bereits seit Jahren tun.

Dies gelingt dem kalifornischen Streaming-Dienst jedoch nicht. Bereits nach einigen Episoden fragt man sich, wohin Polos (Lorenzo Richelmy) Reise eigentlich führt – schließlich kehrt das historische Vorbild wohlbehalten nach Italien zurück. Die recht interessanten Dialoge zwischen Polo und Kublai Khan (Benedict Wong), in denen es hauptsächlich um kulturelle und gesellschaftliche Fragen geht, sind ein kurzer Lichtblick, der jedoch von den zahlreichen Intrigen, nackten Körpern und politischen Dialogen überschattet wird, die sich schwerfällig aneinanderreihen.

Bei so viel Kladderadatsch bleibt nur wenig Platz für historische Bezüge und Fakten. Polos Reisebericht „Il Milione“ lässt sich nur vermuten – ab und wann kritzelt der Protagonist etwas in ein ledernes Buch. Dann springen wieder nackte Kung-Fu-Konkubinen durchs Bild. Recht schnell wird deutlich, dass es bei „Marco Polo“ weniger um historische Akkuratesse geht, sondern mehr um opulente Szenen, die den mehr oder weniger historischen Stoff massentauglich machen sollen. Insgesamt 90 Millionen US-Dollar haben Netflix und Weinstein für den imposanten Pomp (zehn Folgen) ausgegeben, der nebst der bildgewaltigen Inszenierung leider nur mit einer konventionellen Geschichte lockt.

Obwohl „Marco Polo“ recht unterhaltsam ist, mangelt es der Serie an Tiefe. Gerade die namensgebende Hauptfigur schwächelt und scheint mehr assoziative Beigabe als tatsächlicher Dreh- und Angelpunkt des Formats zu sein. Wer auf tolle Kulissen, schöne Panoramen und fernöstlichen Tamtam steht, der sollte sich „Marco Polo“ ansehen. Aktuell ist dies jedoch nur bei Netflix zum Preis von 7,99 Euro pro Monat möglich – eine zweite Staffel wird es auch geben.    

 

:Christian Kriegel

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