Die einen feiern es als längst überfälligen Durchbruch im Sozialsystem Deutschlands, die anderen befürchten schlimme Konsequenzen für die hiesige Wirtschaft. Der flächen- und branchendeckende gesetzliche Mindestlohn wurde in der Politik lange diskutiert. Schnell wird aber klar: Die Contra-Stimmen kommen fast ausschließlich aus neoliberalen ArbeitgeberInnen und Wirtschaftslobbykreisen. Seit dem 1. Januar gibt es überall mindestens 8,50 Euro die Stunde, da können auch die Geier und Heuschrecken (so schnell) nichts mehr dran machen. Doch was bedeutet der Mindestlohn etwa für uns Studierende?
Zunächst mal geschieht nicht ganz so viel, denn ganz so „für alle“ ist menschenwürdig bezahlte Arbeit doch nicht. Für viele Branchen gilt eine Übergangsfrist bis 2017. Für ErntehelferInnen eine Ausnahmeregelung, die geringere Vergütung erlaubt. Das gilt auch für ZeitungsausträgerInnen. Und alle, die jünger als 18 Jahre sind, in einer Arbeitsförderungsmaßnahme stecken (sprich: 1-Euro-JobberInnen), eine Ausbildung machen oder ein Praktikum, das weniger als drei Monate dauert, profitieren ohnehin nicht von der neuen Regelung.
Das Ende der „Generation Praktikum“ oder das Ende der Praktika?
Die „Generation Praktikum“ sei beendet, bekräftigte die Streiterin für den Mindestlohn Andrea Nahles (SPD). Doch ist dies ein Ende, wie die Arbeitsministerin sich ihn vorstellt? Werden die Betriebe ihren PraktikantInnen, die ja nicht selten einfach nur günstige Küchenhilfen oder unterbezahlte Packesel mit Verantwortung waren, wirklich achtfuffzig die Stunde zahlen? Vielleicht befristet man da doch lieber Praktika auf drei Monate … Wie sich das in der Praxis gestalten wird, bleibt abzuwarten.
Übrigens bedeutet diese Drei-Monats-Frist auch, dass Orientierungspraktika, wie sie für M.Ed.-Studis obligatorisch sind, weiterhin unbezahlt bleiben.
Wird nun alles scheißeteuer?
Die horrende Teuerung, die mit der humanen Honorierung herkömmlichen wie herausfordernden Handelns einhergeht, die hier und da heraufbeschworen wird, ist nicht zu erwarten. In vielen Branchen liegen die tariflich festgelegten Löhne ohnehin über dem neuen Minimalbetrag.
BäckerInnen und viele Angestellte im Einzelhandel sowie Dienstleistende wie FriseurInnen allerdings werden ihre erhöhten Personalkosten wohl auf die VerbraucherInnen umlegen müssen. Doch wie spöttelte das Satireportal „Der Postillon“: „1384 Euro brutto dank Mindestlohn: Neureiche Friseurin weiß gar nicht, wohin mit all dem Geld“. Und das für eine Vollzeitstelle und ohne Studirabatt an der Kinokasse. Da darf man durchaus Verständnis zeigen, wenn der Haarschnitt plötzlich nicht mehr zehn Euro kostet.
Viele Studis haben neben dem Studium Jobs, in denen sie bislang weniger als 8,50 Euro verdient haben, wie der genannte Einzelhandel oder in Call-Centern. Wenn sie nicht über den Steuerfreibetrag von 450 Euro kommen wollen, müssen sie fortan weniger Stunden arbeiten – was dem Studium (oder dem Serien- und Social-Media-Konsum) zugute kommt.
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