Bild: Friedenszeichen unter dem Platz: Im Kontext des Bochumer Natur-Festivals 2011 in Kooperation mit der Ruhrstadt-Gartenmiliz entstandenes UmQ-Kunstwerk., Zwischen Information und Intervention: UmQ-Herbstwanderung Foto: USch

Seit dem „wilden Streik“ der Opelaner 2004, der offiziell nur „Informationsveranstaltung“ genannt werden durfte, ist der 19. Oktober ein besonderer Tag: Am damaligen „Europaweiten Aktionstag“ verband eine Welle der Solidarität mit Bochum sämtliche Opel-Standorte vom polnischen Gliwice (ehemals Gleiwitz) bis zum inzwischen stillgelegten Werk in Antwerpen. Drei Jahre später wurde an einem 19. Oktober auch universitäre Geschichte geschrieben: Am 19. Oktober 2007 wurden die Sieger in der ersten Runde der bundesweiten Exzellenzinitiative gekürt – und die Ruhr-Uni erfuhr, nicht in den Exzellenz-Olymp aufgenommen worden zu sein. Philipp Unger, Mitinitiator des 2005 ins Leben gerufenen, inzwischen etwa 30 Mitglieder zählenden Vereins University meets Querenburg (UmQ), veranstaltete am 19. Oktober inzwischen zum zehnten Mal eine Herbstwanderung durch den Stadtteil, um „Goldene Orte“ kulturellen Wandels in dem Stadtteil zwischen Uni und Opel aufzusuchen. Die :bsz ist für Euch mitgewandert.

Die 25 Teilnehmenden – „das waren auf jeden Fall mehr als in den letzten Jahren“, so Philipp Unger – zeigten sich überwiegend begeistert. Über ein Dutzend Stationen markierten den Weg durch Querenburg, der vom UniCenter durch die Lennershof-Siedlung zur Fachhochschule führte, bevor es nach einigen Campuskunst-Stopps an der RUB in die Hustadt und schließlich Richtung Opel-Werk ging. Beginnend mit dem Platz des Friedens und der Völkerverständigung wurden die „Goldenen Orte“ während der sechsstündigen Wanderung mit kreisrunden Plaketten aus Blattgold markiert, die Unger als „Goldene Kreise“ bezeichnet. Zudem  fanden an der sogenannten „Hall of Fame“ zwischen RUB und UniCenter sowie in der Hustadt zwei künstlerische Interventionen des im herzegowinischen Mostar geborenen Künstlers Gigo Propaganda statt. Der im Rahmen der UmQ-Initiative Geschichtswerkstatt 50 :: 50 eingeladene Künstler ist beauftragt, für seine geplante Serie „Ruhrgebiet Jetzt“ auch ein Portrait von Querenburg zu erstellen.

Realitätsabgleich am Aktionstag

„Am 19. Oktober bietet sich eine besonders gute Gelegenheit, Bilanz zu ziehen und Image-Kampagnen mit der Realität abzugleichen“, sagt Philipp Unger augenzwinkernd und hat dabei vor allem die Uni, die Hustadt und Opel im Blick. Bei seinem Realitätsabgleich bedient sich der Bochumer des Mittels der „Kunst als Kommunikationsgrundlage“: Zusammen mit dem ursprünglich aus Wanne-Eickel stammenden Künstler Ralf D’Atri vergoldet Unger seit 2011 jene Orte im Stadtteil, denen hierbei eine symbolhafte Schlüsselrolle zukommt. Immer wieder sind es insbesondere trockengefallene Brunnenskulpturen, die im Fokus stehen. So wurde an einem nicht mehr als solchem betriebenen Zierbrunnen vor dem Uni-Forum (UFo), dem ehemaligen Kirchenforum im UniCenter, der nächste Goldkreis angebracht.

Zuvor hatte Klaus Giebmann, Pfarrer der katholischen Hochschulgemeinde, über die Umnutzung des Kirchenforums und den damit verbundenen kulturellen Wandel referiert. In einem weiteren Referat im benachbarten Seniorenbüro Süd, das am 31. Oktober gegenüber dem UFo eröffnet wird, erläuterte Sabine Böhnke-Egbaria ihr Konzept, alten Menschen vor Ort Räumlichkeiten zu bieten, um ihre Selbstorganisation und damit ihre Selbständigkeit bis ins hohe Alter zu stärken.

Ein ähnliches Konzept – nur mit anderen Zielgruppen – verfolgt auch die Oase am Buscheyplatz, wo insbesondere Studierenden geholfen wird, ihre Alltagsprobleme zu bewältigen (siehe auch hier). Auch dieser Ort verdient einen Goldkreis, der an der uralten Kastanie in der Mitte des Platzes angebracht wurde. Das Gebäude der Oase selbst wird derzeit weiterhin renoviert, nachdem dort vor über einem Jahr ein Dachstuhlbrand gewütet hatte.

Strukturwandel kritisch begleiten

Die nächste Station war die Lennershofsiedlung, wo aktuell einschneidende Umbruchmaßnahmen anstehen: Voraussichtlich soll schon auf der nächsten Sitzung der Bezirksvertretung Bochum Süd am 4. November eine Änderung des Flächennutzungsplans beschlossen werden, um aus der in den 50er Jahren gewachsenen ehemaligen Bergmannssiedlung mit seinen großen Grünflächen zwischen den Häusern ein Hybrid-Viertel mit gewerblicher und universitärer Nutzung zu machen. Das Idyll wäre dann dahin, und viele BürgerInnen protestieren daher schon seit Jahren gegen die Uni-Pläne mit diversen Neubauten auf der grünen Wiese. Dieses Thema wird die :bsz in den nächsten Wochen weiterhin kritisch begleiten.

Ähnliches gilt auch für den zum „Goldenen Ort“ ernannten Brunnen vor dem Architektengebäude der Fachhochschule Bochum: Dieser soll bald schon dem Abrissbagger zum Opfer fallen, um Platz für einen neuen sechsstöckigen Hochschulbau zu schaffen. Aber nicht nur die FH Bo soll in den nächsten Jahren erweitert werden – in besonderem Maße unterliegt die zwischen Gesundheitscampus und Lennershof expandierende Ruhr-Universität dem Strukturwandel im Zeichen eines ambitionierten Hochschulentwicklungsplans. Dies zeigt sich nicht zuletzt im grenzwertigen Umgang mit Kunst auf dem Campus (die :bsz berichtete).   

 

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