Bild: Vor der Premiere des neuen Götz: Regisseur Stefan Meißner und Schauspieler Jörg Schulze-Neuhoff., Bochums Theaterhäuser starten in die neue Saison Foto: bent

Klassiker und Trash: Ab Mitte September starten die Bochumer Theater in die neue Spielzeit. Gewagt wird wenig, die meisten setzen auf klassische Werke: Mit Tschechows „Onkel Wanja“ geht es im Schauspielhaus los, das Prinz-Regent-Theater zeigt mit „Orest“ einen antiken Stoff. Das freie Theater an der Rottstraße 5 eröffnet dagegen unter anderem mit der Goethe-Adaption „Götz“ die neue Spielzeit und wartet auch mit anderen Highlights auf. Wir waren bei den Proben dabei.

Zwei Tage vor der Premiere am Sonntag steht Schauspieler Jörg Schulze-Neuhoff in einem abgenutzten Pelzmantel auf einem verkehrtherum gestellten Sessel. Aus der Sitzreihe ruft Regisseur Stefan Meißner: „Willst Du dann einmal für mich springen?“. Wenig später geht das Licht aus, ein pathetischer Soundtrack erklingt, von der Bühne dringt Nebel in die Sitzreihen. Dann springt Schauspieler Schulze-Neuhoff. „Hast Du super gemacht“, so Regisseur Meißner: „Einmal Applaus, bitte“. Die anwesenden MitarbeiterInnen klatschen. Die Generalprobe für die Premiere der Solo-Aufführung von Goethes Klassiker „Götz von Berlichingen“ ist gelungen. Zufrieden schlendert Regisseur Stefan Meißner zum Ausgang und mäkelt nur noch scherzhaft: „Ihr müsst hier echt mal durchlüften.“ Aber auch diese Kritik prallt bei den KollegInnen ironisch ab: „Hier muss es stinken, sonst ist es nicht mehr Rottstraße.“ Denn das Rottstr5-Theater steht auch für unangepasstes, unkonventionelles Theater, für gewagte Stücke, die oft mit geringeren Mitteln als bei den großen Schauspielhäusern produziert werden und nicht selten die Arbeit der SchauspielerInnen in den Vordergrund rücken.

Im Geist der ersten Stücke: Die Solo-Performance „Götz“

Die steht auch beim neuen Götz im Fokus – nicht zuletzt wegen Jörg Schulze-Neuhoff. Wahnsinnig intensiv ist seine Solo-Performance von Goethes Sturm&Drang-Werk, in der das komplette Personal zu einer Charakterstudie verdichtet wird, in der nicht nur die Zeit, sondern (wenn die „eiserne Hand“ als Geste der Verzweiflung und Verirrung verpufft) vor allem der Mensch aus den Fugen gerät. Das intensive Spiel merkt man ihm noch nach der Probe an, nachdem er aus dem dunklen Saal, über den regelmäßig die Züge zum Hauptbahnhof rattern, ins spätsommerliche Tageslicht vor dem Eingang an der Rottstraße tritt. Leicht muss er noch blinzeln, Schminkreste sind im Gesicht zu erkennen, das Kostüm hat er gegen ein T-Shirt ausgewechselt, wo das Cover seines letzten Solo-Stücks, die Kafka-Adaption „Der Bau“, abgebildet ist. Auch dieses Solo-Stück entstand unter der Regie von Meißner. Für „Götz“ haben sie sich schon alleine „wegen der tollen Sprache“ entschieden, wie Schulze-Neuhoff sagt. „Das Stück wird aber auch so gut wie gar nicht gespielt“, fügt Regisseur Meißner hinzu, „weil es auch von den Nazis sehr vereinnahmt wurde.“ So waren beide motiviert, „den Götz mal ins Kleine zu holen.“ Entstanden ist eine Charakterstudie über einen „Typen, der aus der Zeit gefallen ist.“

Premieren und alte Erfolge

Wenn der „Götz“ Premiere feiert, führt er die Tradition von unkonventionellen, spannenden, manchmal trashigen Stücken an der Rottstraße fort – eben „fantastischer Schrott“, wie man es dort selbstbewusst bezeichnet. Aber auch die alten Publikumserfolge wie „Werther“, „Nero“ oder „Batman hält die Welt in Atem“ stehen im neuen Programm.

Die anderen Theaterhäuser werben mit Filmadaptionen, bewährten Klassikern, antiken Stoffen und lassen daneben das Shakespeare-Jahr ausklingen.

:bsz-INFO

Theater für 1 Euro – das ganze Semester!

Eine Kooperation zwischen der RUB und dem Schauspielhaus Bochum macht‘s möglich: Für einen Beitrag von einem Euro, der im Sozialbeitrag mit drinsteckt, bezahlen alle Studierenden eine Theaterflatrate, mit der sie, so oft sie wollen, alle Aufführungen (Premieren ausgenommen) im Schauspielhaus besuchen können.

Mehr Infos unter: www.schauspielhausbochum.de/karten-und-abos/karten/rub-theaterflat

 

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