Bild: Macht Wahlkampf ohne Nazi-Stars: Der indonesische Präsidentschaftskandidat Joko Widodo (im weißen Hemd) 2013 mit US-Botschafter Marciel in der Stadt Kampung., Symbole aus dem Nationalsozialismus im indonesischen Wahlkampf Foto: flickr, U.S. Embassy, Jakarta (CC BY-ND 2.0)

Die Methode, mit welcher der indonesische Präsidentschaftskandidat Prabowo Subianto auf Stimmenfang geht, ist altbewährt:  Ein bekannter Sänger, der gemeinsam mit AnhängerInnen der konservativen Gerindra-Partei zur Melodie von Queens Welthit „We Will Rock You“ patriotisch anmutende Textzeilen skandiert, soll Subianto zu einem Sieg bei den Präsidentschaftswahlen am neunten Juli verhelfen. Die dabei verwendete Symbolik wirkt jedoch befremdlich: Sänger Ahmad Dhani trägt die Uniform des Reichsführers-SS Heinrich Himmler.

Sowohl der Kragenspiegel, den Dhani bei seinem Auftritt für Subiantos Gerindra-Partei trägt,  als auch der an einem roten Band befestigte Orden sind unverwechselbare Bestandteile der Uniform, die Himmler in seiner Position als Reichsführer der Schutzstaffel (SS), die im Dritten Reich das Polizeiwesen kontrollierte, trug. Bei dem sogenannten Blutorden handelt es sich um einen Orden, den Adolf Hitler 1933 zum zehnjährigen Jahrestag seines Putschversuchs an die überlebenden Teilnehmer des Putsches überreichte, um diese in der NS-Propaganda weiter als Helden zu stilisieren.

Auf der Facebook-Seite von Prabowo Subianto geht die militärische Inszenierung weiter. Hier präsentieren sich Subianto und weitere Politiker seiner Partei in Uniformen.

Kommt eine neue Diktatur?

Subianto selbst ist der Schwiegersohn des Diktators Suharto, der Indonesien von 1967 bis 1998 regierte und 1965 ein Massaker initiierte, das sich vor allem gegen chinesischstämmige BürgerInnen Indonesiens sowie AnhängerInnen kommunistischer Bewegungen richtete.

Als General wurde Subianto in Deutschland vom GSG 9 ausgebildet, bevor er dann in den Achtziger- und Neunzigerjahren in seinem Heimatland selbst Massenmorde in der damaligen Provinz Osttimor verübte, die im Jahr 2002 die Unabhängigkeit erlangte. BeobachterInnen befürchten, dass Indonesien nach einem Wahlsieg Subiantos in Diktatur und Gewalt zurückfallen könnte. Dennoch hat Subianto Umfragen zufolge in den letzten Wochen bei den WählerInnen erheblichen Zulauf bekommen, während er zuvor lange als chancenlos galt.

Der lange Weg zur Unabhängigkeit

Doch auch aus den Zeiten vor der Suharto-Diktatur ist den IndonesierInnen Unterdrückung nicht unbekannt – vor allem in Verbindung mit Kolonialismus: Die Niederlande eroberten das Land um 1600 und regierten das damals als Niederländisch-Indien bezeichnete Territorium, bis 1942 japanische Truppen dort einfielen, weil Japan an indonesischen Rohstoffreserven interessiert war. Nach der Kapitulation Japans im August 1945 wurde zum ersten Mal die Unabhängigkeit Indonesiens ausgerufen. Die Niederlande versuchten jedoch, ihre Kolonie zurückzuerobern, was im Niederländisch-Indonesischen Krieg mündete, bevor die EuropäerInnen im Dezember 1949 endgültig ihre Ansprüche auf Indonesien aufgaben.

Obwohl Indonesien also wie viele andere asiatische Länder unter japanischer Herrschaft zu leiden hatte und Japan während des Zweiten Weltkriegs mit Hitlers Regierung verbündet war, gilt das Dritte Reich der indonesischen Armee als Vorbild für besondere militärische Stärke und Disziplin. Auch der Zivilbevölkerung ist die NS-Ideologie nicht unbekannt: vielerorts gibt es Hitlers „Mein Kampf“ in Buchhandlungen zu kaufen.

Zeichen der Toleranz gegenüber Minderheiten

Demgegenüber steht Joko Widodo, Subiantos Gegenkandidat bei der anstehenden Präsidentschaftswahl. Der Spitzenkandidat der Partei des demokratischen Kampfes Indonesiens (Partai Demokrasi Indonesia Perjuangan, PDI-P), den alle nur Jokowi nennen, ist beim Volk äußerst beliebt. Er setzt darauf, ein modernes Indonesien zu präsentieren, das vor allem auch für einen modernen Islam steht, denn tatsächlich leben in Indonesien mehr MuslimInnen als irgendwo anders auf der Welt. Etwa 90 Prozent der 237 Millionen IndonesierInnen bekennen sich zum islamischen Glauben. Joko Widodo gehört zu ihnen – und lässt dies weder bei einem seiner zahlreichen Wahlauftritte durchblicken noch steht er Minderheiten ablehnend gegenüber.

So machte er Basuki Purnama zu seinem Stellvertreter, einen Mann, der dem evangelischen Christentum angehört, das in Indonesien eine verschwindend geringe Minderheit darstellt. Gleichzeitig gehört Purnama der chinesischen Minderheit an, die zu Diktator Suhartos Zeiten verfolgt wurde. Darüber hinaus kämpft Widodo vor allem gegen die indonesischen Behörden, die im Volk für Arbeitsausfall, Schmiergeldforderungen und langen Verzögerungen bekannt sind. Gerne gibt er dabei den investigativen Ermittler à la Günter Wallraff, der unter falschem Namen mit verschiedenen Bitten an Behörden herantritt, um deren Arbeitsweise zu überprüfen und die Verantwortlichen gegebenenfalls abzumahnen. Abgesehen von solchen symbolischen Akten ließ er seinem Kampf gegen das System bislang wenige Taten folgen, was seine Beliebtheit bei der Bevölkerung aber nicht schmälert. Und militärisch anmutende Musik hat in Widodos Wahlkampf keinen Platz: Er hört lieber Metallica und Judas Priest.

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