Der Sturm traf neben Bochum auch das Festival in Essen-Werden und sorgte für so manches kleines Abenteuer.
„MC Fitti, Fitti, Fitti ist am Start! MC Fitti, Fitti, Fitti mit’m Bart!“ Damit wird der Schluss-Act des Pfingst Open Air Festivals in Essen-Werden eingeläutet. Am Himmel über den Bäumen, die am Ende der großen Wiese des Festivalgeländes stehen, ist eine dunkelgraue Wand aus Wolken zu sehen, welche die Sonne verdeckt. Die ersten BesucherInnen des Festivals gehen vorsichtshalber los, um nicht durchnässt nach Hause zu kommen. An diesem Punkt denkt niemand daran, dass das Unwetter mindestens sechs Menschenleben fordern oder Schäden in Millionenhöhe verursachen würde. Von weitem sieht man eindrücklich, wie Blitze schlagartig den Himmel erhellen und genauso ist der Donner zu hören. MC Fitti ruft nun zum Regentanz − und ja, der Regen kommt. Mit dabei ist auch der Wind, der nicht lange braucht, um zum Sturm zu werden und sich gegen die Bäume lehnt. Aus dem Losgehen wird für viele ein Laufen. Aus der Masse von BesucherInnen, die das Festivalgelände verlassen haben, lösen sich kleine Gruppen, um unter den Dächern der Gebäude Schutz zu finden. Alles mögliche passiert jetzt gleichzeitig. Einen Überblick zu bekommen ist schwer, besonders weil Regen und auch Staub die Sicht erschweren. Nicht weit von der Bahnstation Essen-Werden ist eine Brücke aus Beton, unter der Schutz gesucht wird, um vom Chaos Abstand zu gewinnen. Die vielen Menschen wirken aus der Entfernung wie eine Menschenschlange, die sich ihren Weg zum Bahnhof bahnen will. Die erste Beunruhigung legt sich und weicht einer positiven Partystimmung. Hunderte stimmen „Seven Nation Army“ der White Stripes an und es wird fast ausgelassen weitergefeiert. Ein großer Ast bricht ab, stürzt auf den rechten Rand der Menschenschlange, womit es schlagartig still ist. Junge Frauen beginnen zu kreischen, der Funken werfende Grill des Restaurants verstärkt zudem das bedrohlich wirkende Szenario. Ein zweiter Ast stürzt kurz danach runter, aber dieser wird scheinbar von den Betroffenen aufgefangen. „Ich habe nicht gesehen, dass jemand dadurch verletzt wurde“, sagt im Nachhinein ein RUB-Student, der die Situation aus nächster Nähe erlebt hatte und berichtet, dass es weniger schlimm ausging, als es vom weiten aussah.
Rettungswagen und Polizei treffen zügig ein, aber auch die ersten Wagen, die zum Festival gehören, wollen wie die BesucherInnen das Gelände verlassen. Unter der Brücke ist wenig Platz und trotzdem pressen sich Wagen unter Regelung der Polizei durch die Schutzsuchenden. Das erwähnte Restaurant entwickelt sich währenddessen zu einer Notversorgungsstation und auch die unter der Brücke Ausharrenden werden mit weißen Plastikdecken versorgt, um sie vor Unterkühlung zu schützen. Langsam stabilisiert sich alles in Essen-Werden. Am Bahnhof hoffen viele die überfüllte S-Bahn nehmen zu können, die nicht mehr fahren wird, und sofern möglich werden Familie, Freunde, Bekannte angerufen, um noch nach Hause zu kommen. Die Atmosphäre am Bahnsteig wird währenddessen durch Musik von Punkern aufgelockert, die es sich dort gemütlich gemacht haben.
Ungefähr um 22:30 Uhr beginnen die ergänzenden Schutzmaßnahmen. Ein Zelt wird aufgebaut, die naheliegende Turnhalle wird zu einer Notunterkunft umfunktioniert. Die Unterschlupfsuchenden erhalten in der Turnhalle Matten, Decken, Getränke, warme Hühnersuppe und weitere Hilfe. Es wird also viel getan und die Feuerwehr, Polizei und anderen Hilfsorganisationen bemühen sich spürbar, die Situation zu verbessern. Ein Dank gilt an dieser Stelle allen HelferInnen.
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