Das neue Semester beginnt. Für viele RUB-Studierende, die nicht in der Stadt wohnen, heißt das wieder: Aufzustehen, sich aus der Heimat Richtung Bochum zu begeben und zu pendeln: mit dem eigenen Auto, der Deutschen Bahn, dem Zug, der U 35 oder auch mit dem Fahrrad. Viele Kilometer werden dabei zurückgelegt. Doch warum bleibt die Ruhr-Universität für viele eine Pendler-Uni und warum entscheidet man sich gegen den Umzug nach Bochum und nimmt stattdessen Staus mit dem Auto oder Verspätungen der Deutschen Bahn in Kauf? Ist Bochum als Stadt trotz der vielen Freizeitmöglichkeiten nicht attraktiv genug oder gibt es schlichtweg keinen adäquaten und bezahlbaren Wohnraum?
Der Wecker klingelt, David steht auf und macht sich wenig später auf den Weg zur RUB. Der Sowi-Master-Student pendelt jeden Tag von Duisburg nach Bochum und hat nur kurzzeitig darüber nachgedacht, nach Bochum zu ziehen: „Meine Freundin studiert in Düsseldorf, ich in Bochum – so war Duisburg der Mittelweg und vom Wohnraum her günstiger als der Umzug nach Bochum.“
Wie David geht es vielen RUB-Studierenden, die sich gegen den Umzug in die zentrale Ruhr-Metropole entscheiden und lieber die Strapazen mit Bus und Bahn in Kauf nehmen: „Mit dem Semesterticket bin ich doch flexibel und kann mir den Wohnort frei aussuchen“, sagt David.
Flexibel durch Semesterticket
In der Tat: Das NRW-Ticket, finanziert durch den Semesterbeitrag, gibt den Studierenden die Möglichkeit, die öffentlichen Verkehrsmittel in Nordrhein-Westfalen frei zu nutzen, und das wirkt sich auch auf die Entscheidung gegen eine Wohngemeinschaft in Bochum aus. Ein weiterer Grund liegt natürlich in der Nähe der Städte im Ruhrgebiet. Wer also ursprünglich aus Dortmund, Essen oder anderen Städten der Umgebung kommt, ist innerhalb kürzester Zeit an der RUB. So können Studierende ihr gewohntes soziales Umfeld behalten und trotzdem relativ schnell an der Uni sein, ohne dabei alte Lebensgewohnheiten aufgeben zu müssen. Viele Studierende wollen in der Nähe ihres/er Partners/ -in oder des Freundeskreises wohnen bleiben und befürchten, dass Freundschaften oder Beziehungen durch die Distanz ansonsten kaputtgehen würden.
Es geht auch anders
Melina, Anglistik-Studentin und ursprünglich aus Münster, sieht das ein wenig anders und in dem vermeintlichen Vorteil auch einen Nachteil: „Durch die Nähe der Städte werden Studierende bequemer und bleiben lieber zu Hause wohnen. Das Phänomen kenne ich nur aus dem Ruhrgebiet.“ Für sie war von Anfang an klar, nach Bochum zu ziehen, um dort zu studieren und auch zu wohnen. „Pendeln war nie eine Option für mich.“ Das Studierendenleben würde ihrer Meinung nach sonst verloren gehen. Sind RUB-Studis also zu bequem und leben lieber kosten- und logiefrei im Hotel-Mama oder fehlt schlichtweg das Geld für die eigenen vier Wände?
Wohnraum muss bezahlbar bleiben!
Der Mietpreis ist natürlich in diesem Zusammenhang ein entscheidender Punkt. Aber auch ein gleichzeitig attraktiver, zentraler Wohnort in Uni-Nähe spielt eine wichtige Rolle. Der in den letzten Jahren steigende Mietspiegel wird für viele zum Problem, wobei Bochum mit durchschnittlich 5,92 Euro pro Quadratmeter (qm) im Vergleich zu anderen Universitätsstädten in NRW wie Münster (9,33 €/qm) oder Köln (10,03 €/qm) noch relativ günstig ist.
So hat demnach auch die Bezahlbarkeit der Wohnheime in Bochum Priorität. Das wird auch durch das Akademische Förderungswerk (Akafö) gewährleistet. Die Zahl der vorhandenen Wohnheime reicht trotzdem nicht aus. So bietet das Akafö zur Zeit zwar 20 Wohnheime mit insgesamt rund 4.100 Wohnheimplätzen an; und selbst der Mietpreis zwischen 160 Euro und 320 Euro pro Zimmer liegt im bezahlbaren Bereich. Bei der Masse an Studierenden, bedingt auch durch den doppelten Abiturjahrgang im letzten Wintersemester, ist der Bedarf trotzdem weit größer als das Angebot. Dadurch, dass die Ruhr-Universität Bochum eine Pendler-Uni ist und viele von Außerhalb pendeln, kann dieses Ungleichgewicht in Angebot und Nachfrage jedoch aufgefangen werden.
Studierende als Wirtschaftsfaktor
Für die Stadt Bochum ist das trotzdem kein Segen: Bei einem prognostizierten Bevölkerungsabfall von ca. acht Prozent bis 2030 gehen der Kommune beim Länderfinanzausgleich der Bundesländer bei der sogenannten „Schlüsselzuweisung“ jährlich Gelder verloren, die sie pro Einwohner bekommen hätten. Pro StudentIn, der/die sich entschließt, nach Bochum zu ziehen, wären das rund 450 Euro pro Semester! Rechnet man das hoch auf eine durchschnittliche Studierendenzeit von zehn Semestern, gehen der Stadt über 4.500 Euro verloren.
So werden auch in diesem Semester wieder viele Studierende aus der Heimat pendeln und die Deutsche Bahn oder das eigene Auto in Anspruch nehmen. Gründe dafür und dagegen gibt es wie beschrieben viele, jedoch sollte jedem und jeder – frei nach Frank Goosen – eines dabei klar sein: Woanders is auch scheiße!
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