In den letzten Monaten hagelte es Kritik am Entwurf des sogenannten „Hochschulzukunftsgesetzes“ (HZG): Neben den Studierendenwerken und der Hochschulrektorenkonferenz meldeten sich unter anderem der AStA der Uni Duisburg-Essen sowie hochschulpolitische Listen und die FachschaftsvertreterInnenkonferenz der Ruhr-Universität zu Wort (siehe :bsz 981, 983 und 984). Nachdem auch der RUB-AStA im Januar eine erste kritische Stellungnahme zum HZG-Entwurf verfasst hat, äußert sich das Referat für Hochschul-, Bildungs- und Sozialpolitik nun auch zu dem am 25. März vom NRW-Regierungskabinett beschlossenen geänderten Gesetzentwurf.
Im Vorfeld der weiteren Beratungen des Hochschulzukunftsgesetzes im Landtag ist aus Sicht von AStA-Referentin Kathrin Jewanski auch die interne Debatte hierüber längst noch nicht abgeschlossen: „Wir sind noch nicht zu einer abschließenden Gesamtbewertung gekommen“, sagt die hochschul- und bildungspolitische Referentin gegenüber der :bsz. „Neben zahlreichen Verbesserungen sehen wir viele Punkte, die im Gesetzesentwurf zu schwammig bleiben oder uns nicht weit genug gehen“, so Kathrin Jewanski weiter. Hierzu gehöre „die Möglichkeit der Einführung von Zivilklauseln, die Vermeidung von Tierversuchen, echte paritätische Besetzung der universitären Gremien oder eine Personalvertretung für studentische Hilfskräfte“. Als positiv hebt die Referentin dagegen verbesserte Regelungen zum Teilzeitstudium sowie die Schaffung einer/-s Beauftragten für Studierende mit Behinderung oder chronischer Erkrankung hervor. Auch die Streichung einer Vorschrift, die ermöglicht hätte „Studierende mit übertragbaren Krankheiten vom Studium auszuschließen“, wird in der aktuellen AStA-Stellungnahme ausdrücklich begrüßt.
Zwangsexmatrikulation muss weg!
Im Fokus der Kritik steht insbesondere die gesetzliche Option einer zwangsweisen Exmatrikulation von Studierenden, die vier Semester lang keine Prüfungsleistungen erbracht haben: „Eine Zwangsexmatrikulation aus Zeitgründen lehnen wir strikt ab“, betont AStA-Referent Marcel Singer. „Die Kriterien zur Verlängerung der Regelstudienzeit erfassen bei weitem nicht alle Eventualitäten, die eine nicht schuldhafte Verzögerung des Studienabschlusses bedingen können – eine Berücksichtigung verschiedener Lebensentwürfe wird durch eine solche Regelung ebenso eingeschränkt“, erläutert Marcel Singer. Der Referent verwehrt sich gegen Vorwürfe aus den Reihen der Opposition, die auf der letzten AStA-Sitzung das Fehlen einer Positionierung hierzu in der aktuellen AStA-Stellungnahme anprangerte. „Die Möglichkeit zur Zwangsexmatrikulation aus Zeitgründen, die im Gesetz festgeschrieben werden soll, gehört zu den Änderungen, die uns am Gesetzesentwurf am meisten stören“, hebt Marcel Singer hervor. „Daher wird der Widerstand dagegen eine besondere Priorität in unserer weiteren Arbeit haben“, ist sich Singer sicher.
Keine Macht den Hochschulräten
Auch „die weiterhin weitreichenden Befugnisse des Hochschulrates bei Besetzungen und der Finanzaufsicht“ könne der AStA nicht befürworten, unterstreicht Marcel Singer. „In unseren Augen ist der Hochschulrat ein unnötiges Gremium, das die Autonomie der gewählten Gremien einschränkt“, stellt der AStA-Referent klar. „Wir hätten uns hier den Mut gewünscht, den Hochschulrat wieder abzuschaffen oder zumindest auf eine rein beratende Funktion zu reduzieren.“
AStA-Finanzautonomie sichern
Zudem stößt die mit dem HZG-Entwurf verbundene geplante Änderung der Haushalts- und Wirtschaftsführungs-Verordnung der Studierendenschaften NRW (HWVO) vorgesehene verpflichtende Anstellung von „Fachpersonal für den Haushalt“ weiterhin auf strikte Ablehnung des RUB-AStAs: „Bei dieser Position handelt es sich um eine der unsinnigsten Änderungen gegenüber dem aktuell geltenden Hochschulfreiheitsgesetz“, echauffiert sich Kathrin Jewanski. In diesem Punkt hat die landespolitische Führung dem Druck der KritikerInnen bereits etwas nachgegeben: „Diese Person soll nach dem Regierungsentwurf die Finanzreferentin bei ihren Aufgaben unterstützen, sie aber nicht formell kontrollieren“, erläutert die Referentin. „Das Fachpersonal für den Haushalt soll der AStA-Vorsitzenden unterstellt sein, die Rechtsaufsicht hat weiterhin das Rektorat.“ Dies sei jedoch nur ein Teilerfolg auf dem Weg zur vollständigen Streichung dieses kostspieligen neuen Postens aus dem HZG-Entwurf bzw. der HWVO-Novellierung: „Damit ist aus der zunächst geplanten Kontrolle – die wir als nicht hinnehmbaren Eingriff in die Autonomie der Verfassten Studierendenschaft kritisiert haben – eine sehr teure Beratung geworden; denn diese Person wird von der Studierendenschaft angestellt und bezahlt, natürlich entsprechend der benötigten Qualifikation. Insgesamt erscheint uns der Artikel damit unsinnig und unnötig.“
Transparenz unabdingbar
„Besonders ärgerlich“ nennt AStA-Referent Marcel Singer auch eine Entwurfsänderung zur Transparenz sogenannter Drittmittel, die nicht selten von der Industrie zur Förderung interessengeleiteter Forschungsprojekte bereitgestellt werden. „Die ursprüngliche Regelung hätte tatsächlich Transparenz schaffen können, was wir ausdrücklich begrüßt haben; nach der Änderung ist diese jedoch so sehr verwässert, dass wir kaum Vorteile gegenüber dem Status Quo sehen“, moniert Marcel Singer. Der AStA kritisiert insbesondere die Streichung der Verpflichtung zur Informationspflicht in Sachen Drittmittelverwendung und nimmt explizit Bezug auf die an der RUB geplante Zivilklausel-Kampagne, deren Umsetzung in einer aktuellen Anfrage der oppositionellen Grünen Hochschulgruppe (GHG) an den AStA angemahnt wird.
Protestaktionen in der Warteschleife
Nach dem Beschluss des Regierungsentwurfes im Kabinett werden sich bald die zuständigen Ausschüsse des NRW-Landtags mit dem Entwurf auseinandersetzen, bevor der innerhalb der Regierungsparteien insbesondere seitens der grünen Landtagsfraktion derzeit abgelehnte Gesetzentwurf vom Plenum des Landtags verabschiedet werden kann. Zu möglichen Protestaktionen – etwa im Anschluss an eine zu diesem zentralen Thema wünschbare Vollversammlung der RUB-Studis – gibt sich der AStA derzeit jedoch noch zurückhaltend: Der RUB-AStA geht zumindest davon aus, dass im Rahmen weiterer Anhörungen auch das Landes-ASten-Treffen (LAT) zu Wort kommen werde, das sich in vielen wichtigen Punkten bereits einig sei. Sobald eine ausführliche aktuelle Stellungnahme im AStA abgestimmt sei, würde diese an die entsprechenden Stellen weitergeleitet. Sebastian Pewny (GHG) plädierte auf der jüngsten AStA-Sitzung jedoch bereits für breite Protestaktionen: „Jetzt kommt das HZG in nicht hinnehmbarer Weise ins Parlament – jetzt kann man dagegen demonstrieren und der Ministerin zeigen, dass das HZG in dieser Form nicht zukunftsfähig ist!“
Weitere Infos im Netz:
www.asta-bochum.de/hbs/kommentar-zum-hochschulzukunftsgesetz
www.asta-bochum.de/hbs/kommentar-zu-den-aktuellen-änderungen-am-hochschulzukunftsgesetzesentwurf
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