Bild: Marshmallows und die Kunst. Wärmenedes Feuer während der Ausstellung., Wir sind nicht Detroit, wir bleiben Bochum: Ausstellungseröffnung vorm Theater Foto: mar

Am vergangenen Freitag wurde auf dem Hans-Schalla-Platz vor dem Bochumer Schauspielhaus die Ausstellung „Abbruch Aufbruch“ eröffnet. Ein Container beherbergt 20 Bilder von Fotograf Martin Steffen, der zusammen mit den brennenden Ölfässern rundherum die desolate Lage der Stadt Detroit romantisiert und damit sagt: „Bochum ist nicht Detroit“.

Freitag, 19 Uhr – ein seltenes Bild vor dem Schauspielhaus Bochum: Brennende alte Fässer, in denen einst Öl transportiert wurde, luden dazu ein sich aufzuwärmen, dazu derbe Hiphop-Beats. Ein Bild, das man sonst nur aus amerikanischen Filmen kennt. Das zeigt, dass die Staaten nicht nur das Land der unbegrenzten Möglichkeiten sind, sondern auch der unkalkulierbaren Risiken. Es weist auf die Schattenseiten des Kapitalismus hin und die knallharte soziale Ungerechtigkeit. „This is not Detroit“ heißt das Projekt von Schauspielhaus und Urbane Künste Ruhr. Um diesen Gegensatz zu unterstreichen – dass Bochum eben nicht die zerfallende ehemalige Millionenstadt ist – wurde dieses Szenario der Hoffnungslosigkeit mit kleinbürgerlichem Kitsch und Klischees vermengt: „Heimat ist kein Ort, Heimat ist ein Gefühl“, hörten die BesucherInnen des Theaters aus einer Musikanlage. Einige Stehtische verrieten, dass es nach der Eröffnungsrede Sekt zum Anstoßen geben wird; es gab Marshmallows, die über dem Feuer der Tonnen geröstet werden konnten und so den amerikanischen Traum mit dem amerikanischem Alptraum verschmelzen ließen. Ein Konzept, das zwischen Hoffnung und Hohn balanciert.

Abbruch Aufbruch

Kurz nach 19 Uhr eröffnete Olaf Kröck, der zur künstlerischen  Leitung des Projekts gehört, die Ausstellung mit einer Rede. Kröck stellte den Fotografen Martin Steffen vor, der zuletzt mit dem „Bochumer Kreativ Award 2013“ ausgezeichnet wurde. Seine Fotos sind jetzt in einem türkisen Container, der von Mara Henni Klimek ausgestattet wurde, vor dem Schauspielhaus ausgestellt. Um ein wenig Werbung für den „Dead or Alive Poetry Slam“, der im Anschluss stattfand, zu machen, lud Kröck kurzerhand die Bochumer Poetry-Slam-Größe Sebastian 23 ein. Passend zur Ausstellung trug dieser einen architektonischen Text mit dem Titel „Altes Haus“ vor, konnte das Eis bei den Anwesenden aber nicht brechen – obwohl die Temperaturen deutlich über dem Gefrierpunkt lagen. Der Platz füllte sich erst nach der Eröffnung mit Slam-Poetry-Fans, die die Anschlussveranstaltung besuchen wollten. Kröck und Steffen eröffneten zusammen die Ausstellung mit dem Durchschneiden eines roten Bands, mit dem der Container geradezu „overdressed“ wirkte. Entsprechend sympathisch wirkte die ironische Herangehensweise der beiden.

Künstler zum Anfassen, Wandel zum Beobachten

Der 47-jährige Steffen fotografiert für verschiedene Unternehmen und Zeitschriften, seien es RWE, Stern oder auch den Playboy, nicht zuletzt auch für Hilfsorganisationen wie die Welthungerhilfe. Ein charmanter Mann, der gerne die Fragen der Gäste mit Ruhe und Gelassenheit beantwortete. „Scheiße am richtigen Ort ist Dünger“, beschreibt er die Möglichkeiten urbaner Entwicklung.
Die Fotos, die er jetzt ausstellt, zeigen Orte in Bochum, die sich verändern. Unter dem Motto „Hier ist nicht Detroit, hier ist Platz für Neues“ zeigen die Fotos unterschiedliche Facetten und Stadien der Veränderung in der Stadt. Verschiedene Ansichten des Opel-Werks I als Veränderung, vor der die Menschen Angst haben. Die Universitätsstraße, die dringend neuer Fahrbahnmarkierungen bedarf, das Exzenterhaus, das nicht so richtig zu Bochum passen will, oder der Gesundheitscampus unweit der RUB, der für eine Neuorientierung der Stadt steht, weg von der Motorcity hin zur „Univercity“ – ein Sprung, den Detroit nicht geschafft hat.

Langzeit- und Mitmach-Projekt

„This is not Detroit“ verbindet vier europäische Opel-Städte mit diesem Kunstprojekt. Denn nicht nur hier in Bochum, (aber) auch an den anderen General-Motors-Standorten in Europa, in Ellesmere Port/Liverpool (England), Zaragoza (Spanien), und Gliwice (Polen), befürchten (viele) tausende Menschen, bald arbeitslos zu sein. Höhepunkt dieses einjährigen Projektes zwischen Kunst und Wissenschaft ist ein Festival von April bis Juni. Der Container soll ein Vorgeschmack sein auf eine Mitmachaktion im Rahmen dieses Festivals. Alle Interessierten, ob Profi, AmateurIn oder LaiIn, sind aufgerufen, ihre Fotos von Veränderung in Bochum einzuschicken. Nähere Infos zur Aktion gibt es im Schauspielhaus.

Öffnungszeiten des Containers: täglich 10–18 Uhr und vor Aufführungen im Schauspielhaus.
 

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