Kurt Krömer hat es geschafft: In Deutschland kennt fast jedeR den Komiker. Auszeichnungen wie den Deutschen Fernsehpreis und den Grimme-Preis hat er bereits vor Jahren eingesammelt und eine neue Staffel seiner Late Night Show in der ARD wird im Juli gedreht. Auch als Schauspieler (Tipp: Eine Insel namens Udo) hat er bereits Erfahrungen gesammelt. Jetzt hat er mit der Veröffentlichung seines ersten Buches gezeigt, was er (noch) nicht kann: Schreiben! Doch das schadet seinem Reisebericht nicht.
Kurt Krömer, der eigentlich Alexander Bojcan heißt, und der nicht nur, aber auch wegen seines bizarren Kleidungsstils – irgendwas zwischen rumänischem Zuhälter und spießigem Bankangestellten – Berühmtheit erlangte, ist Kriegsdienst-Totalverweigerer und bekennender Pazifist. Jahrelang tauchte er sogar unter, um so dem Kreiswehrersatzamt zu entgehen. Doch als er im letzten Jahr eine Anfrage der Bundeswehr erhielt, die ihn einlud zur Truppen-Unterhaltung nach Afghanistan zu kommen, sagte er, mitsamt Kamerateam und Co-Autor Tankred Lerch, spontan zu. Aus dieser und einer weiteren Reise, die Krömer im Januar 2013 unternahm, um auch das zivile Leben in Kabul kennenzulernen, entstand nun ein Reisebericht. „Hätte ich vor vierzehn Jahren ein Buch über die Bundeswehr schreiben sollen“, so schreibt Krömer im Buch, „wäre es schon nach einem einzigen Satz zu Ende gewesen: Die Bundswehr ist scheiße! Punkt“. Nun ist sein Buch wesentlich länger geworden. Als Werbematerial für die Bundeswehr und ihre Einsätze geht es dennoch nicht durch.
Unprofessionell aber echt
Für sein erstes Buch hat Krömer sich selbst eine sehr schwierige Aufgabe gestellt. Ein Thema, das einerseits viel zu ernst ist, um es als Komiker auszuschlachten, dem andererseits aber auch mit einiger Reflexion begegnet werden muss, möchte man sich nicht in die Reihe der Mutter-Theresa-WeltretterInnen-Prominenz unterwegs im Krisengebiet, einreihen. Streckenweise stößt Krömer dabei an seine Grenzen: „Was mache ich hier eigentlich? (…) Keiner hat mir hierfür einen Auftrag erteilt. Ich bin Komiker und kein Journalist. Kein Sender wartet zu Hause auf diese Doku.“ Dass er kein geübter Schreiber ist, merkt man beim Lesen schnell: Seine Sprache ist äußerst simpel, einige seiner Metaphern sind unverständlich, andere Versuche „kreativen Schreibens“ laufen ins Leere. Aber dennoch liegt genau darin auch die Stärke des Berichts: Krömer hat keine Ahnung von der Materie. Er kennt sich nicht aus mit Kriegen, er hat keinen blassen Schimmer vom Leben in einem islamischen Land, er weiß kaum etwas über die politischen Hintergründe, die Taliban oder den Einsatz der ISAF-Truppen. Er erlebt die Geschehnisse seiner Reise so, wie jedeR andere, der/die sich bisher nicht mit der Thematik auseinander gesetzt hat. Ohne die professionelle Distanz eines Kriegsreporters, ohne auf der Suche nach einer Story zu sein. Er beschreibt das Essen, das Hotel, das Wetter und die Gerüche des Landes. Er verirrt sich in den Bundeswehr-Camps, raucht unzählige Zigaretten, ist nervös, angespannt und hat Angst, er schwitzt, lacht und weint.
Kein Meisterwerk aber lesenswert
So sollte das Buch nicht gelesen werden, um etwa einen Überblick über die Situation in Afghanistan zu bekommen. Insgesamt lässt es Fakten fast komplett aus. Vielmehr ist es als ein subjektives Reisetagebuch zu verstehen, das mit der Taxifahrt zum Flughafen beginnt und in Krömers Bett nach seiner zweiten Heimreise endet. Im ersten Teil (Truppenbesuch) steuert der Journalist Peter Kümmel, der Krömers Reisegruppe angehörte und darüber eine Reportage für das Zeit-Magazin schrieb, kurze Passagen bei, die das Buch um eine professionellere Perspektive bereichern. Das Buch wird höchstwahrscheinlich keine Preise gewinnen, aber es liefert einen sehr kurzweiligen, verständlichen und immer wieder sehr unterhaltsamen Blick auf Afghanistan, die dort lebenden und die dort stationierten Menschen und nicht zuletzt auch auf die Person Kurt Krömer!
Kurt Krömer und Tankred Lerch
„Ein Ausflug nach wohin
eigentlich keiner will.
Zu Besuch in Afghanistan“
Kiepenheuer & Witsch
9,99 Euro
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