In den Fluren der G-Gebäude sind Schmierereien aufgetaucht, deren Inhalte zutiefst sexistisch sind. Die meisten davon wurden inzwischen von den Hausmeistern entfernt.
Studierende haben sich an die Gleichstellungsstelle der RUB gewandt, um Sprüche in den Fluren der Universität zu melden, die extrem sexistische Aussagen bis hin zur Androhung von Übergriffen („Ich krieg dich Mädchen“) beinhalteten. Betroffen waren die Gänge auf den Ebenen GABF 04 sowie GC 04, außerdem die Fahrstuhlbereiche in GA 04 Süd und GC 04 Süd. Die verbal übergriffigen Aussagen wurden mittlerweile von den Hausmeistern der RUB entfernt, aber es scheint nur eine Frage der Zeit zu sein, bis sie wieder auftauchen, denn Vorfälle wie diese ereignen sich nicht zum ersten Mal, und auch der letzte „Neuanstrich“ ist erst ein paar Monate alt. Bereits seit zwei Jahren finden sich immer wieder dezidiert frauenfeindliche Schmierereien an den Wänden. Auch der ehemalige Frauenraum in GA 02/60 wurde von Unbekannten mit derartigen Beschimpfungen versehen und das Mobiliar verwüstet. Auf der Homepage der Gleichstellungsstelle wird nun sehr deutlich gemacht, dass derartige Parolen „zutiefst beleidigend und diskriminierend [sind]. Sie widersprechen dem Leitbild der Ruhr-Universität; […] Ein solches Verhalten kann und wird keinesfalls geduldet.“ Die Studierenden und Mitarbeitenden der RUB werden außerdem dazu aufgerufen, Beobachtungen und verdächtige Personen anonym zu melden. Auch die Jusos haben öffentlich reagiert und auf ihrer Homepage erklärt, dass sie „in aller Schärfe die Schmierereien […] [verurteilen]! Wir werden diese Mischungen aus debiler Hetze, extremstem Sexismus und bodenloser Dummheit sofort melden, sobald wir sie zu Gesicht bekommen. Hiermit rufen wir alle Studierenden auf, es uns gleich zu tun! Sorgt mit uns gemeinsam dafür, dass für solche Abscheulichkeiten kein Platz an unserer Uni ist!“ Eine Erklärung der RUB-Pressestelle, weshalb es (noch?) keine offizielle Stellungnahme bezüglich der Vorfälle gegeben hat oder welche weiteren Schritte jetzt erwogen werden, ist bis Redaktionsschluss nicht eingetroffen. Die :bsz wird weiter berichten.
Lohnt sich die Aufregung denn überhaupt?
Und wie immer, wenn es um Vorfälle von Sexismus (oder auch Rassismus) geht, wird laut überlegt – lohnt sich der ganze Wirbel überhaupt? Wäre es nicht besser, ,solche Leute´ einfach zu ignorieren und nicht auch noch mit Aufmerksamkeit zu belohnen? Aber die Aufregung lohnt nicht nur, sie ist sogar unbedingt nötig. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), umgangssprachlich auch als Antidiskriminierungsgesetz bekannt, macht es Beschäftigten seit 2006 möglich, Diskriminierung(en) aufgrund der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität vor Gericht zu bringen. Eine solche Benachteiligung ist gemäß Paragraph 3 Absatz 3 AGG „eine Belästigung […], wenn unerwünschte Verhaltensweisen […] bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird“ – nach Paragraph 3 Absatz 4 fällt auch sexuelle Belästigung darunter. Die RUB als Arbeitgeber ist also schlichtweg gesetzlich dazu verpflichtet, Mitarbeitende vor diskriminierenden Vorfällen, auch seitens Dritter, zu schützen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen (Paragraph 12 AGG). Zudem verpflichtete sich unsere Universität 2008 offiziell und dezidiert zum „fairen Umgang am Arbeits- und Studienplatz“ mit der „Richtlinie zum Schutz vor Benachteiligung, Diskriminierung, sexualisierter Gewalt und Mobbing“. Dort werden in Paragraph 2 Absatz 3 u.a. „obszöne und sexuell herabwürdigende Schmierereien in öffentlichen Räumen“ als sexualisierte Gewalt definiert und in Paragraph sechs (u.a.) Aufklärung und Prävention als Maßnahmen genannt.
Jenseits der gesetzlichen Pflicht zum Handeln gibt es aber auch eine gesellschaftliche. Denn bei sexistischen Vorfällen wie diesen stellt sich die Frage, in welcher Welt wir alle leben wollen. Schein-Argumente und Relativierungen wie ,so sind die Menschen halt‘ oder ,in öffentlichen Gebäuden gibt es nun mal immer Schmierereien, so ist das eben‘, ignorieren, dass es nicht okay ist, dass ,das nun mal so ist‘. Vorfälle wie diese als zwar unangenehmen, aber letztlich unumgänglichen Teil des Alltags hinzunehmen und zu einem Bestandteil eben dessen zu erklären, heißt in letzter Konsequenz, sexualisierte (verbale) Gewalt als Normalität zu akzeptieren. Wollen wir nicht in einem gesellschaftlichen Klima leben, das „grünes Licht“ für sexualisierte Gewalt gibt, dann müssen wir uns aufregen. Immer wieder aufs Neue. Und zwar alle.
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