Fest steht: Die Bochumer Initiative ist Mitglied im Bundesverband Sicherheitspolitik an Hochschulen (BSH). Das ist der neue Name der Bundesarbeitsgemeinschaft Studierender Reservisten. „Faktisch handelt es sich beim BSH-Dachverband um eine Lobbyorganisation der Bundeswehr mit dem Ziel, Akzeptanz für die weltweiten deutschen Kriegseinsätze zu schaffen und die Militarisierung an den Hochschulen voranzutreiben“, kritisiert ein Sprecher des Protestplenums an der RUB.
Gemeinsam für die Truppe
Nach wie vor gehört der BSH zum Verband der Reservisten der Deutschen Bundeswehr e.V.. Der Verein versteht sich selbst als Vertretung der Bundeswehr-Reservisten „in allen militärischen Angelegenheiten“. Auf seiner Homepage wirbt er mit dem Slogan „Gemeinsames Engagement für die Truppe“. Im Auftrag des Bundestages ist die Organisation außerdem zuständig für Ausbildung, Märsche und Schießübungen der Reservisten – es handelt sich also keineswegs um einen privaten, staatsfernen Zusammenschluss, sondern um eine fest in die bundesdeutsche Militärpolitik eingebundene Organisation.
Offen und ehrlich führt der Reservistenverband seinen studentischen Ableger auf der Homepage als eigenes Angebot auf, und zwar unter dem Menüpunkt „Studentische Reservistenarbeit“. Mit Widerstand haben die Gründer der Bochumer Zweiggruppe offensichtlich von Anfang an gerechnet. Jedenfalls entgegnen sie bereits in ihrem Selbstverständnis-Text den naheliegenden Vorwürfen und schreiben: „Obwohl unser Dachverband aus der ehemaligen ‚Bundesarbeitsgemeinschaft Studierender Reservisten’ hervorgegangen ist und in Kooperation mit mehreren Vereinen und Gesellschaften steht, die unter anderem militärpolitische Thematiken behandeln, wollen wir keinesfalls ein verlängerter und verdeckter Arm der Bundeswehr an der Ruhr-Universität Bochum sein! Es muss niemand gedient haben, um im Arbeitskreis Mitglied werden zu können, denn nur durch die konstruktive Einbringung verschiedenster Sichtweisen und Meinungen […] kann es gelingen, einen wissenschaftlich-niveauvollen Diskurs zu führen.“
Bekenntnis zur „Notwendigkeit von Streitkräften“
Wie „verschieden“ die Meinungen in der militärischen Nachwuchsorganisation tatsächlich sein dürfen, das macht dagegen die Satzung des BSH deutlich. Hier legt sich der Verband nämlich in Paragraph 3 auf das Ziel fest, „im politischen Raum Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben“. Wofür, das ist wenige Sätze später zu lesen: Der Verband bekennt sich demnach „zur Notwendigkeit von Streitkräften im Dienste für die Ziele der Vereinten Nationen in europäischen und transatlantischen Bündnissen“. Dass die BSH-Satzung damit Meinungen explizit ausschließt, die eben die Notwendigkeit von militärischer Gewalt in Frage stellen, ist wenig verwunderlich – aber dennoch eine Erwähnung wert, solange der Bochumer Arbeitskreis mit seiner Selbstdarstellung versucht, einen anderen Eindruck zu erwecken.
„Auch an der RUB versuchen einige konservative Studierende nun, einen kontinuierlichen Bundeswehr-Lobbykreis zu etablieren“, befürchten die Aktiven des Bochumer Protestplenums. „Als wäre der alljährliche Besuch des Bundesamts für Wehrtechnik im Rahmen der Firmenkontaktmesse Bonding und die damit einhergehende Umnutzung der Uni als Rekrutierungsraum für den Kriegsdienst nicht bereits mehr als genug.“ Daher fordert das Protestplenum die Leitung der Ruhr-Uni auf, einer solchen Gruppe keine Räume zur Verfügung zu stellen: „Ziel einer Hochschule sollte Forschung und Lehre zum Wohle der Menschheit sein. Kriege gehören sicher nicht dazu.“
Neue Debatten um Zivilklausel
Im vergangenen Juni hatten die studentischen VertreterInnen im Senat der RUB bereits den Antrag gestellt, eine „Zivilklausel“ in die Verfassung der Ruhr-Universität aufzunehmen, welche die Bundeswehr-Lobbyarbeit sowie militärisch beeinflusste Forschung und Lehre an der Ruhr-Uni verbieten würde (die bsz berichtete). Der Vorstoß wurde jedoch von der professoralen Mehrheit in dem Gremium ausgebremst, so dass es an der Ruhr-Uni nach wie vor keine solche Regelung gibt. Bundesweit haben inzwischen die TU Berlin sowie Hochschulen in Bremen, Dortmund, Konstanz, Oldenburg und Tübingen Zivilklauseln eingeführt.
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