Ein Rockkonzert in Bochum. Rauchen ist verboten, aber will man sich wirklich daran halten, wenn die Boxen dröhnen, das Bierchen schmeckt und weit und breit keine Security zu sehen ist? Besser wäre es, das Verbot zu respektieren, denn der Feind lauert überall. Kaum brennt der Glimmstängel, da kommt es schon zum Protest unter einigen KonzertbesucherInnen. Auch Handgreiflichkeiten sind keine Seltenheit mehr. Schließlich intendiere das erzwungene Passivrauchen ja irgendwie einen Mordversuch, so die KritikerInnen. Was ist dagegen schon ein kleiner Faustschlag, versetzt mit den besten Absichten? – Richtig, Körperverletzung.
Selten wurde eine Debatte so hysterisch geführt, wie die um das öffentliche Rauchverbot. Und selten sind die KritikerInnen so weit übers Ziel hinausgeschossen. Natürlich macht es Sinn, an bestimmten Orten Rauchverbote auszusprechen, doch spätestens seitdem im New Yorker Central Park nicht mehr gequalmt werden darf, wurde auch dem letzten schuldbewussten Raucher klar, dass es gar nicht mehr um seine Gesundheit ging, sondern um die Intoleranz und den Regulierungswahn eines neuen Spießertums. So auch in Nordrhein-Westfalen.
Hedonismus war gestern
Nachdem in fast allen Gaststätten und Kneipen das Rauchen untersagt worden ist, möchten die Verantwortlichen gerne nochmals nachregulieren, um etwaige Grauzonen und rechtliche Unklarheiten zu beseitigen. Die Regelung „Raucher-Club“ reicht den Verantwortlichen nicht mehr. Dabei hat sich doch Einiges getan. Und die neuen Statistiken (siehe links) sollten mehr als einmal hinterfragt werden. Denn natürlich ist die Kneipenkultur Bayerns nicht mit der hiesigen vergleichbar. Zudem ergibt die Anschauung der gegenwärtigen Situation ein ganz anderes Bild.
Reservat für Rauch
Werden wir also konkret und fokussieren unseren Blick auf das Bochumer Bermudadreieck. Hier, wo sich einst Szenekneipe an Szenekneipe reihte, ist das Rauchverbot weitflächig umgesetzt worden. Es gibt nur noch eine Hand voll Kneipen, in denen noch geraucht werden darf, da diese einen Raucher-Club gegründet oder eben einen klar getrennten RaucherInnenraum ausgewiesen haben. Zählt man diese Kneipen zusammen, kommt man auf fünf bis sechs. Nicht gerade viel, sofern man die hohe Kneipendichte im Bermudadreieck bedenkt. Diese Kneipen, wie etwa der Intershop oder der Freibeuter, sind ausgewiesene Szenekneipen, in denen die Zigarette zum Bier gehört, wie die Bundesliga zum Samstagnachmittag. Wer sich daran stört, muss diese Kneipen nicht betreten, denn Alternativen gibt es nach der Umsetzung des Rauchverbots mehr als genug. Aus dem gleichen Grund wird auch niemand gezwungen, in einer Raucherkneipe arbeiten zu müssen, denn auch hier gibt es Alternativen genug. Warum also wird nun auf dem letzten Refugium des Hedonismus herumhackt? Aus Prinzip und Machtwahn. Schlechte Voraussetzungen für ein konstruktives Miteinander.
Sonderbare Relationen
Nun war es der SPD-Unterbezirk Dortmund, der ein Einsehen hatte, und sich dafür aussprach, dass es, unter den gegebenen Voraussetzungen, auch in der Zukunft Kneipen und Lokale geben kann, in denen geraucht werden darf. „Die Kneipenszene des Ruhrgebiets ist ein kulturelles Gut, das erhaltenswert ist. Rauchen ist gesundheitsgefährdend, daran besteht kein Zweifel. Aber auch Alkoholgenuss und Übergewicht gefährden die Gesundheit“, heißt es in der Erklärung. Und ferner: „Ziel unserer Politik darf es nicht sein, hier mit Verboten, finanziellen Sanktionen und Ausgrenzung zu reagieren. Staatliches Handeln darf sich nicht zum Ziel setzen, erwachsene Menschen in all ihren Entscheidungen zu gängeln und zu bevormunden. Sofern sie andere Personen nicht beeinträchtigen, müssen die Betroffenen selbst entscheiden können, wie sie sich verhalten.“
Endlich bringt mal jemand die Sozialverträglichkeit ins Spiel. Denn es ist schon erstaunlich, wie sehr sich die BefürworterInnen eines absoluten Rauchverbotes um die Gesundheit der Menschen sorgen und gleichsam einen Schritt in Richtung Autorität wagen. Denn neben Arbeitslosigkeit und verödenden Stadtvierteln, wäre im Falle eines absoluten Rauchverbotes auch der Schaden für die Demokratie nicht von der Hand zu weisen. Sonderbare Relationen.
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