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Wenn Menschen sich heute für die Gleichberechtigung der Geschlechter einsetzen, gelten sie schnell als Ewiggestrige oder notorische „Emanzen“. Viele denken, dass Frauen und Männer schon längst gleich behandelt werden. Einige Männer fühlen sich sogar ihrerseits von Frauen unterdrückt: Nicht umsonst hat der reaktionäre Teil der Männerbewegung Konjunktur.
Gerade an der Universität fühlen sich die meisten Frauen völlig gleichgestellt. Ein Blick auf die nackten Zahlen macht aber deutlich, dass auch an der Uni noch viel zu tun ist. Obwohl etwas über 50 Prozent der BA-Absolvent_innen Frauen sind, wird die Luft nach oben immer dünner. Beim Master sind es noch 43 Prozent, es promovieren nur noch 23 Prozent und eine Habilitation schreiben noch ganze elf Prozent der Frauen. In der Arbeitswelt geht die Ungleichbehandlung weiter. In Vorständen und Aufsichtsräten – besonders in größeren Unternehmen – sind kaum Frauen zu finden. Für denselben Job verdienen Frauen immer noch 23 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen. „Obwohl eine Quote für die Wirtschaft ein uncharmantes Instrument ist, hat sie besonders in Skandinavien auch positive Auswirkungen auf gesellschaftliche Prozesse gehabt. Auch deswegen muss in Deutschland endlich eine verbindliche Quote eingeführt werden“, fordert Helena Patané vom Fachschaftsrat Gender Studies. Neben den Kennzahlen des Arbeitsmarktes spielen auch andere Aspekte eine große Rolle auf der Fachtagung: Klischees, wie angeblich typisch weibliche und männliche Eigenschaften, werden unter die Lupe genommen und dekonstruiert. Die Tagung beginnt um 10 Uhr und geht bis 16 Uhr. Nach einem kurzen Vortrag von Referentinnen des DGB, teilt sich die Gruppe auf drei Workshops auf. Sie werden sich mit den Themen Sozialpolitik, dem Arbeitsmarkt und Diversity beschäftigten. Danach soll in der gesamten Gruppe über die Ergebnisse diskutiert werden.

Familie und Beruf

Die Auswirkungen der Arbeitswelt auf das partnerschaftliche Zusammenleben werden ebenso behandelt. Da Männer häufig mehr verdienen, bleiben Frauen in heterosexuellen Partnerschaften eher zuhause. „Partnerschaften beginnen meistens sehr gleichberechtigt, aber nach einer Hochzeit und spätestens nach dem ersten Kind, verfallen viele wieder in klassische Rollenmuster“, sagt Patané, auch eine der Organisator_innen der Tagung.
Auch die Sozial- und Steuerpolitik soll hinterfragt werden: „Das Ehegattensplitting bevorzugt einseitig die traditionelle Beziehung: Eine Person – meist der Mann – verdient viel und eine Person – meist die Frau – verdient sehr wenig oder nichts“, kritisiert Patané. Die aktuelle Familienpolitik versucht zusätzlich die, Uhren in Sachen Gleichberechtigung zurückzudrehen. Durch die von der Opposition abfällig bezeichnete „Herdprämie“ versucht insbesondere die CDU/CSU Frauen dazu zu bewegen, ihre Kinder zuhause zu betreuen. Denn Familien sollen Geld dafür bekommen, wenn sie ihre Kinder nicht in eine Kindertageseinrichtung schicken.

Über die Geschlechter hinaus

„Wir wollen jedoch nicht bei der Diskriminierung aufgrund des biologischen Geschlechts stehenbleiben, wir streben ein intersektionales Modell an, in dem alle Aspekte des Menschen miteinbezogen werden“, sagt Helena Patané. Damit soll auch die Diskriminierung von Menschen mit Migrationshintergrund, einem hohen Alter oder einer Behinderung in den Fokus genommen werden.  Besondere Aufmerksamkeit wird auf Menschen gelegt, die aufgrund unterschiedlicher Eigenschaften diskriminiert werden. Außerdem wird bei der Tagung beleuchtet, wie das Menschenrecht auf Teilhabe am Arbeitsmarkt und die kapitalistische Verwertungslogik der Arbeitswelt gegeneinanderarbeiten.
Neben dem DGB und dem Fachschaftsrat Gender Studies unterstützt auch der Lehrstuhl Gender Studies die Tagung durch organisatorische Hilfen und durch die Teilnahme der Lehrstuhlinhaberin Katja Sabisch. An der Tagung können alle interessierten Studierenden teilnehmen. Sie sollten sich vorher per E-Mail unter genderstudies@rub.de anmelden.

Gleichberechtigung
auf dem Arbeitsmarkt
Samstag, 21. Januar 2012
10 bis 16 Uhr in GC 04/611

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