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„Den HI-Virus gibt es nicht.“ Zu solchen und ähnlichen Schlussfolgerungen kommt Clemens Kuby. Der Heiler hielt während der Kölner Esoterik-Tage ganze 80 Vorträge. Zehn Euro zusätzlich zum Eintrittspreis kostete der Vortrag des Gurus der Selbstheilung. Keine Frage, er ist der Star der Esoterik-Messe. Bekannt geworden ist er als preisgekrönter Filmemacher und Mitbegründer der Grünen. Kuby studierte Geschichte, Soziologie, Jura und Volkswirtschaft an der FU Berlin, bevor er sich zum Filmregisseur ausbilden ließ. Ein weltlicher Lebenslauf  – bis er vom Dach fiel. Nach eigenen Angaben erlitt der Esoteriker bei seinem Sturz eine Querschnittslähmung, die jedoch nach spontaner Selbstheilung allerdings wie weggeblasen ist. Seitdem verdient er viel Geld mit Büchern wie „Unterwegs in die nächste Dimension“, in dem er die Überwindung seiner Krankheit erzählt. Und auch sonst lässt sich Kuby seine Dienste von der Esoterik-Gemeinde gut bezahlen. Seine gemeinnützige Stiftung „Europäische Akademie für Selbstheilungsprozesse“ gibt kostenpflichtige Seminare und bietet telefonischen Service. Für 1,99 Euro die Minute kann man mit BeraterInnen sprechen, die „Diplome für Selbstheilungsprozesse“ besitzen, aber wohl noch nie eine Medizinische Fakultät von innen gesehen haben.

Mammon

Doch nicht nur Kuby, der sich primär als geistiges Wesen betrachtet und eben unterwegs in die nächste Dimension ist, verdient sich ein ordentliches Zubrot. Neben der Frau, die mit der Kraft des Engels Rafael karmische Störungen auflöst und dazu herzlich in ihre Praxis einlädt und der „Räucherfrau“, die mittels ihrer Kräuter und Harze energetisches Wohnen und Leben verspricht und die dafür notwendigen Devotionalien verkauft, tummelt sich auch eine sogenannte Quantenheilerin in der Stadthalle. Während ihres Vortrags „heilt“ Taita Danz nebenbei ein paar Kranke und verweist immer wieder auf ihren nächsten Workshop. Für 333 Euro kann man sich zur/m QuantenheilerIn ausbilden lassen. Beim Workshop würde sie mehr erzählen über die Methode des Chiropraktikers Frank Kinslow, die angeblich sofort wirkt und jede/r erlernen kann.„Die Regression auf magisches Denken unterm Spätkapitalismus assimiliert es an spätkapitalistische Formen“, so formulierte Adorno in seiner „Minima Moralia“ im Kapitel „Thesen gegen den Okkultismus“. So folgen auch die HeilerInnen dem schnöden Mammon. Hand- und Kartenlesen ab 20 Euro, Aurafoto auch für 20 Euro das Stück oder astrologische Karmaanalyse für acht Euro. Für Geld ist auf der Messe alles zu haben, was die schwer Gebeutelten, körperlich und seelisch Gepeinigten brauchen, um endlich geheilt zu werden. Sogar Krebs oder Herzleiden sind nichts was die Esoterik nicht aus der Welt schaffen kann, so versprechen es die AusstellerInnen und RednerInnen. In den Vorträgen hörte man durchweg, dass Krankheiten immer einen Ursprung hätten, zum Beispiel die Welt „da draußen“. Über „da draußen“ aber müsse man ja nicht mehr reden, wir wüssten ja alle was da passiert.

Seelenheil

Spätestens beim Stand des Instituts für ganzheitliches Heilen, an dem der zuständige Mitarbeiter Bettwäsche mit Symbolen bedruckt präsentiert, kann kapitalistisches Interesse nicht mehr verleugnet werden. Für knapp 70 Euro kann man Kopfkissen und Laken erwerben, die mit Dreiecken und Kreisen sind. Wenn man die Hand darauf hält, wirken die Laken angeblich beruhigend und lösen Blockaden im Energiekreislauf. „Wird gerade klinisch in der Kinder-Onkologie getestet“, sagt der Mitarbeiter. Während der Vorträge melden sich Menschen mit Rückenschmerzen oder gar Herzkrankheiten, die nicht mehr weiter wissen. Da helfe dann nur noch der Glaube, sagt Kuby: „Die anderen, die noch der Meinung sind, sie seien primär ein biochemisches Wesen, denen sage ich, dann müssen Sie diesen Glauben auch noch bedienen und die Tabletten und die Chemo und was alles dazu gehört nehmen.“ Funktioniert eine schulmedizinische Behandlung also nur, wenn man daran glaubt? Sterben Krebszellen, wenn man daran glaubt? Nein. Und trotzdem wird den Kranken mit Heilsversprechen das Geld aus der Tasche gezogen und Hoffnung auf absolute und sofortige Wirkung gemacht. Das nächste Mal wieder vom 1. bis zum 3. Oktober in der Stadthalle Köln-Mülheim.

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