Und das nicht zu Unrecht, sagt Aichard Hoffmann vom Bochumer Mieterverein. Die Deutsche Annington besitzt deutschlandweit etwa 200.000 Wohnungen. Ihr Geschäftsmodell ist das einer typischen Heuschrecke im Münteschen Sinne: „Fondgesellschaften wie die Annington streben nach Maximierung ihrer Rendite. Im Idealfall kaufen sie ein großes Paket Wohnungen, verkaufen möglichst schnell möglichst viele Einheiten an private Eigentümer und stoßen das Wohnungspaket dann wieder ab. Das ist allerdings seit der Finanzkrise schwer geworden. Aus dem Immobilienmarkt ist die Luft raus,“ erklärt Hoffmann. Die Deutsche Annington plant daher eher langfristig. Geld muss trotzdem reinkommen, zum Beispiel durch Personalabbau.
Renditeoptimierung
2009 ersetzte die Annington zahlreiche Servicekräfte durch ein zentrales Callcenter. Auch Hausmeisterstellen wurden massiv abgebaut. Seitdem hagelt es Beschwerden. „Die Leute werden abgespeist oder in der Warteschleife hängen gelassen. Mitarbeiter, die die Wohnungen kennen und Einzelfälle bewerten können, gibt es nicht mehr,“ sagt Hoffmann. Den Stellenabbau interpretiert der Mieterverein als „klassisches Beispiel für Renditeoptimierung“.
Wer ein Problem mit seiner Wohnung hat, steht als MieterIn bei Annington und Co meist im Regen. Neben Rationalisierung sind Einsparungen bei Instandsetzungsmaßnahmen die zweite Möglichkeit, die Gewinne in Zeiten schwacher Immobilienmärkte hoch zu halten. „Ich versuche seit 22 Monaten, eine erhebliche Belästigung durch Trittschall als Mietmangel geltend zu machen“, erzählt Katharina aus Bochum. „Die Annington verhält sich im besten Fall unkooperativ – ganz milde ausgedrückt. Nun steht mir eine Gerichtsverhandlung ins Haus, weil ich die Miete gemindert habe.“ Diese Entwicklung ist typisch für das Geschäftsgebaren großer renditeorientierter Immobiliengesellschaften: „Hier werden aus einer überlegenen Position heraus alle rechtlichen Möglichkeiten ausgenutzt“, sagt Hoffmann. Ein Entgegenkommen sei nicht zu erwarten.
Es geht schlimmer
Die großen Skandale finden allerdings bisher nicht in Bochum statt. Hier unterhält die Annington trotz Firmensitz nur 7.000 Einheiten. In Dortmund sind es 35.000 – und viele MieterInnen beschweren sich über den Verfall ihrer Wohnungen. „Die Deutsche Annington ist aber zumindest im Ruhrgebiet nicht der Branchenbösewicht“, stellt Hoffmann klar. Es geht noch wesentlich schlimmer. In Gladbeck übernahm die Firma Terra-Heimbau 2004 eine Wohnsiedlung von der ebenfalls berüchtigten Viterra AG. Die Siedlung ist inzwischen vom völligen Verfall bedroht – im Gegensatz zu den Wohnungen, die Annington in Gladbeck gekauft hat. Die Terra-Heimbau ist eine Briefkastenfirma. Skrupellosigkeit auf dem Immobilienmarkt gibt es in verschiedenen Abstufungen. „In Hattingen standen in einem 15-geschossigen Hochhaus der Terra-Heimbau 14 Tage lang die Aufzüge still. Ältere Menschen waren in den oberen Etagen gefangen,“ so Hoffmann. Die Geschäftsziele von Terra-Heimbau und Annington sind indes trotz solcher Abstufungen prinzipiell gleich: „Wir wollen möglichst vielen unserer Kunden die Chance geben, eine Wohnung zu kaufen. Dabei setzen wir auf eine sozialverträgliche Wohnungsprivatisierung – Sie können sich auf uns verlassen“, schreibt Annington an ihre MieterInnen. Verlassen kann man sich vor allem darauf: Die Firma will verkaufen, nicht investieren.
Staat nach Privat
Die Enquêtekommission „Wohnungswirtschaftlicher Wandel und neue Finanzinvestoren auf den Wohnungsmärkten in NRW“, die auf Vorschlag der Grünen eingerichtet wurde, soll nun „Instrumente erarbeiten, mit denen Land und Städte gegen sogenannte ‚Schrottimmobilien‘ vorgehen können.“ Der Mieterverein Bochum hofft auf den Beginn eines Paradigmenwechsels: „Der Slogan ‚Privat vor Staat‘ scheint abgewirtschaftet zu haben – auch wenn er in vielen neoliberalen Köpfen noch herumspukt.“ Im Landtag beginnen in diesem Jahr die Aufräumarbeiten.
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