Bereits am Freitag tourte eine Handvoll „pro“-AktivistInnen durch mehrere Ruhrgebietsstädte, um vor verschiedenen Moscheen „Mahnwachen“ gegen eine vermeintliche „Islamisierung“ Europas abzuhalten. Eine der Stationen war Bochum, wo die Polizei bei der Räumung einer friedlichen Sitzblockade mehrere Jugendliche verletzte (siehe bo in Kürze). Am Samstag führte die NPD am Duisburger Hauptbahnhof eine Kundgebung durch, zu der etwa 50 Neonazis kamen. Ihnen stellten sich 800 GegendemonstrantInnen entgegen. Nach Angaben des Bündnisses „Duisburg stellt sich quer“ ging die Polizei auch hier mit Knüppeln und Pfefferspray gegen Protestierende vor. Eine Frau wurde infolge der Polizeiaktion ins Krankenhaus eingeliefert.
Rechter Zwergenaufstand
Der Sonntag sollte der Höhepunkt des rassistischen Tourprogramms von NPD und „pro NRW“ werden. Die beiden rechten Gruppen wollten jeweils in einem eigenen Demonstrationszug zur Moschee laufen. Das Auftreten der NPD war vom althergebrachten Neonazi-Stil mit schwarz-weiß-roten Fahnen, offen rassistischen Slogans, etwas domestiziertem ‚Skinhead-Chic‘ und der typisch geringen TeilnehmerInnenzahl geprägt. Die Partei hat damit wieder einmal unter Beweis gestellt, dass sie im Ruhrgebiet kaum mobilisierungsfähig ist. Das Potential hierfür liegt im Neonazimilieu zwischen Duisburg und Dortmund bereits seit einigen Jahren vor allem bei den besonders gewaltbereiten „autonomen Nationalisten“.
„Pro NRW“ trat hingegen im bürgerlichen Gewand und mit deutlich höherem Altersdurchschnitt auf – dafür aber mit noch weniger eigenem Personal: Ein guter Teil der „pro“-TeilnehmerInnen wurde aus Österreich, Frankreich und Spanien herangekarrt. Nicht einmal die eigene Bühne hat „pro NRW“ selbst gestellt: Wie Die Zeit in ihrer Onlineausgabe berichtet, stammt diese vom belgischen „Vlaams Belang“, der auch die zugehörige rechte Security gestellt haben soll.
Law and Order
Auf der Gegenseite lief hingegen nicht nur die Mobilisierung, sondern auch das Protestieren besser: Neben einer großen Demonstration des Deutschen Gewerkschaftsbunds am Vormittag und einem gut besuchten Fest vor der Moschee waren es vor allem dezentrale Blockadeaktionen, mit denen zahlreiche Menschen den rechten Gruppen entgegentraten. Neben der Störung des NPD-Aufmarsches gelang es den GegendemonstrantInnen, auch den Anfahrtsweg von „pro NRW“ zeitweilig zu blockieren. Die Polizei war mit diesen Aktionen zivilen Ungehorsams offenbar überfordert und löste die Blockaden gewaltsam auf. Das im Vorfeld angekündigte „konsequente Vorgehen“ führte nicht nur zu 136 Festnahmen – von denen lediglich 20 zu einer Anzeige führten – sondern auch zu großem Verfolgungseifer: Wie AugenzeugInnen berichteten, stürmte ein Polizeitrupp auf das Fest neben der Moschee, um acht Jugendliche festzunehmen, die sich einige Zeit vorher an einer Blockade beteiligt hatten.
Wermutstropfen
Deutlich zutage getreten ist im Verlauf des Tages leider auch, dass es neben den friedlichen muslimischen und nicht-muslimischen MigrantInnen, die sich zahlreich an den Protesten beteiligt haben und für ein offenes und einladendes Fest an der Moschee gesorgt haben, auch andere gibt. So berichteten FestbesucherInnen, dass ein bärtiger Islamist wütend Flugblätter zerrissen haben soll, auf denen für einen christlich-muslimischen Dialog geworben wurde, und dies als eine Schande für den Islam bezeichnet habe. Weitaus gravierender war ein Angriff von Jugendlichen aus dem Spektrum der türkisch-faschistischen „Grauen Wölfe“, die einen antifaschistischen Demonstrationszug mit Steinen bewarfen. Sein mulmiges Gefühl brachte ein Protestler so auf den Punkt: „Ich weiß nicht, ob ich hier immer mit den Richtigen demonstriere.“
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