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Der Meinungsaustausch von BildungsministerInnen und Studierendenvertretungen schaut in Deutschland auf eine lange Tradition zurück und war auch immer wieder von studentischen Teilerfolgen gekrönt, zumindest unter liberalen und sozialdemokratischen AmtsinhaberInnen. So wurden BAföG-Verbesserungen,  Studiengebührenfreiheit und die Verfasste Studierendenschaft erstritten. Dass der „Bologna-Gipfel“ einen Erfolg verzeichnen könnte, war jedoch schon im Vorfeld umstritten: Nicht nur das Ministerin Schavan den Bologna-Prozess in der derzeit ablaufenden Form unterstützt – spätestens seit der Föderalismusreform I sind ihre Kompetenzen im Bildungsbereich begrenzt. Beschränkt ist auch ihr Wille, diese verfassungsrechtlichen Grenzen auszunutzen: Der Hochschulzugang und die Abschlüsse, also das gerade auch im Bildungsstreik kritisierte Bachelor-System, liegen noch im Bereich der Bundeskompetenz.

„Gesetzliche Regeln erdrücken die Freiheit“

Doch anstelle einer sinnvollen Regelung plant die Ministerin die Abschaffung der einheitlichen Regeln, so dass jedes Land selbständig über Bachelor und Master und deren Ausgestaltung bestimmen darf. Anstelle einer einheitlichen Bundesregelung setzt das Schavan-Ministerium auf Staatsverträge zwischen den Ländern, die sie durch Appellpolitik begleitet. Beim Hochschulzugang konnten wir mit der stufenweise Abschaffung des ZVS-Verfahrens die Auswirkungen dieser neuen Freiheit bereits erleben: Zwar war die ZVS als „Kinderlandverschickung“ zu Recht kritisiert worden, jedoch erreichte sie eine faire Bildungspartizipation und eine gute Auslastung der Hochschulen. Das neue System bedeutet hingegen unzählige Bewerbungen, Absagen und frei bleibende Studienplätze. Wer dies als Anlaufprobleme abtut, verkennt aber die Wirklichkeit: Auswahlrecht der Hochschulen bedeutet nun einmal, dass die Hochschulen in die Gewinnung von Studierenden investieren müssen, bei dafür fehlenden Mitteln und Personal, wird ein effizientes Zentralsystem lediglich durch dezentrales Chaos ersetzt. Das es den Ländern bei der ungleich komplizierteren Materie der Studienabschlüsse gelingen wird ein sinnhaftes, einheitliches System zu erfinden, kann also zumindest bezweifelt werden.

Alles ist ja so wunderbar

So wundert es also auch kaum, dass abgesehen von allgemeinen Floskeln keine Ergebnisse erzielt wurden. Schavan hörte sich brav die von den Studierenden vorgebrachten Einwände gegen Bachelor und Master und den Umbau des Hochschulsystems an. Am Ende stand für sie aber die Quintessenz: In die Zeiten vor Bologna möchte auch niemand zurück. Völlig falsch verstanden scheint Schavan dann zumindest einige ihrer Kritiker verstanden haben, wenn sie resümiert: „Niemand will die Abschaffung der Bologna-Reform.“ Dennoch zeigt die Ministerin auch Verständnis, denn zumindest bei der Forderung, den Übergang zum Master problemlos zu ermöglichen, ist sie auf der Seite der Studierenden. Was jedoch eine Verbündete nutzt, die ihre Schwerpunkte in der Forschungsförderung sieht und einen Rückzug des Bundes aus der Hochschulpolitik zu verantworten hat, muss hinterfragt werden. ABS-Geschäftsführer Malte Clausen bezeichnet das Gespräch als Ausdruck von blindem Aktionismus: „Im Vorfeld des Bildungsstreiks bezeichnete Schavan diesen noch als gestrig. Die Bologna-Konferenz ist eine reine Prestigeveranstaltung, die über ihre Unfähigkeit und ihre tatsächliche Machtlosigkeit hinwegtäuschen soll.“

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