„Hier in Opel“, setzte Oskar Lafontaine jüngst bei einem Wahlkampfauftritt in der Bochumer Innenstadt an, als er die Massen (immerhin 200 waren gekommen) mit seinen unvermeidlichen Ausführungen zur Autokrise agitieren wollte. Der Freudsche Versprecher lässt tief blicken: Der Ortsname verblasst hinter der Firmenbezeichnung – die (Über-)Identifikation mit dem Astra-Produktionsstandort Bochum könnte größer kaum sein. Umso auffälliger ist, dass derzeit – im Gegensatz zum Arbeitskampf im Oktober 2004, als in Bochum die Räder eine Woche lang komplett stillstanden – kein Sterbenswörtchen von jenem „wilden Streik“ zu hören ist, mit dem die Opel-Beschäftigten vor knapp fünf Jahren schon einmal ihr Schicksal in die eigene Hand nahmen. Als hätte die Finanzkrise das kollektive Gedächtnis gelöscht.
Landesverfassung NRW: Vergesellschaftung der Schlüsselindustrie angestrebt
Und auch die möglichen Ziele eines solchen Kampfes – eine Vergesellschaftung der Opel-Werke – geraten damit einstweilen aus dem Blickfeld. Aber das muss nicht so bleiben. Denn selbst die Verfassung des Landes NRW formuliert eine Vergesellschaftung der Schlüsselindustrie als politische Zielperspektive. Im Gegensatz zur Verstaatlichung à la Hypo Real Estate wäre es dann nicht der Staat, der die Zügel an sich reißt, sondern die Belegschaft, die im Zuge einer innerbetrieblichen Demokratisierung unternehmerischer Entscheidungen ihr Schicksal selbst bestimmen würde. Damit wäre dann endlich auch gesichert, dass nicht im fernen Detroit, in Russland oder Kanada Unternehmensentscheidungen fielen, sondern hier vor Ort in Bochum.
Ökologische Innovation statt Autowahn
Dies beträfe auch die Entscheidung, welches Marktsegment künftig im Vordergrund stehen und wie die Produktpalette ausgerichtet werden soll: Endlich könnten Fahrzeuge hergestellt werden, die keinen oder nur möglichst wenig fossilen Brennstoff verbrauchen würden. So könnte sich Opel gar europaweit als Spezialist für umweltfreundliche Kleinstwagen auf Fotovoltaikbasis, für Elektro- oder Hybridfahrzeuge profilieren.
Eine solche Einschätzung teilen viele linke als auch grüne PolitikerInnen. So konstatiert Jan Keitsch von der Grünen Hochschulgruppe der Ruhr-Uni zur staatlichen Präferenz für konventionelle Investitionskonzepte gegenüber einer ökologieorientierten Ausrichtung der Produktion durch innovative Investoren wie die Firma Solarworld: „Der Staat investiert in genau die Konzepte, die zu den Problemen bei Opel geführt haben. So können Arbeitsplätze nicht langfristig gesichert werden. Eine Investition in Zukunftsprojekte hat die Bundesregierung verschlafen. Das Angebot von Solarworld wurde nie ernsthaft geprüft. Die Krise kann nicht durch ein staatlich subventioniertes `Weiter so´ überwunden werden.“ Und wenn ein entsprechendes Umdenken endlich stattfände, würde das Thema Opel vielleicht auch endlich aufhören, in den Mainstream-Medien zu nerven.
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