Als im vergangenen Oktober Nazis in Bochum demonstrieren wollten, hatte bo-alternativ im Vorfeld über die beiden geplanten Gegenveranstaltungen berichtet. Dabei wurden auch zwei Plakatmotive abgebildet, die aktive BürgerInnen bereits in der Stadt plakatiert hatten. Eines der Plakate zeigt eine Comic-Figur mit einer Torte und einer brennenden Wunderkerze. Der Text versprach, der Aufmarsch in Bochum solle für die Nazis kein Zuckerschlecken werden. „Das ist doch nun wirklich eine harmlose Aufforderung, es den Nazis nicht zu leicht zu machen, ihre Ideologie zu verbreiten“, sagt der verantwortliche bo-alternativ-Redakteur Martin Budich. Die Staatsanwaltschaft interpretiert das anders: Sie sieht in der Torte eine Bombe versteckt und deutet die Wunderkerze als Zündschnur. Damit handle es sich bei dem kleinen Homepage-Bildchen um einen Aufruf zur Gewalt.
Eingriff in die Pressefreiheit
Auffällig ist, dass die Staatsanwaltschaft ausgerechnet ein Internetmedium anklagt, das sich mit der kritischen Berichterstattung über die Bochumer Politik, Polizei und Staatsanwaltschaft einen Namen gemacht hat. Über Verfahren gegen mögliche UrheberInnen des Plakats oder gegen BochumerInnen, die die Plakate in der Stadt verteilten und klebten, ist nichts bekannt. „Das erweckt den Eindruck, als ob hier gezielt kritische MedienmacherInnen eingeschüchtert werden sollen“, sagt der AStA-Vorsitzende der Ruhr-Uni Karsten Finke. Die Studierendenvertretung hatte ebenfalls zu der Teilnahme an den Gegendemos aufgerufen. „Prozesse aus vorgeschobenen Gründen gegen unliebsame JournalistInnen kennt man sonst eher von autokratischen Regimen. Der Aufruf zu den beiden übrigens völlig friedlich verlaufenen Anti-Nazi-Demos war keine Straftat, sondern notwendig“, so der AStA-Vorsitzende weiter.
Protest am 1. Mai
Auch das Bochumer Bündnis gegen rechts war sich auf der Sitzung am vergangenen Donnerstag einig, dass der erneute Kriminalisierungsversuch antifaschistischer Arbeit in Bochum sehr ernst genommen werden muss. Aktive aus Gewerkschaften und anderen Gruppen wollen auf der DGB-Kundgebung am 1. Mai Unterschriften sammeln. Andere planen, am Morgen des Prozesses ihren Protest durch ein Tortenbuffet mit Wunderkerzen und Bombenstimmung Ausdruck zu verleihen.
Weitreichende Konsequenzen
Welche Konsequenzen es hätte, würde sich die Rechtsauffassung der Bochumer Staatsanwaltschaft durchsetzen, ist kaum abzuschätzen. Wenn die Meldung über eine geplante Anti-Nazi-Demonstration kriminalisiert werden könnte, weil das dazugehörige Plakat mit abgebildet ist, wäre das alleine schon eine ernstzunehmende Einschränkung von freier Berichterstattung. Sollten die Strafverfolgungsbehörden allerdings einfach unsichtbare Bomben erfinden können, bekämen sie damit ein Instrumentarium an die Hand, um völlig willkürlich gegen unliebsame Veröffentlichungen vorzugehen. Der Prozess findet am 14. Mai 2009 ab 11.15 Uhr im Saal C 133 des Bochumer Amtsgerichts statt.
0 comments