bsz: 18,3 Millionen sollen in den kommenden zwei Jahren in die Wohnheime investiert werden. Sind sie zufrieden mit der Entscheidung der Politik?
Jörg Lüken: Ja und Nein. Zunächst einmal Ja! Es ist schon toll. Wir haben die Möglichkeit, in den kommenden zwei Jahren die Wohnheime zu sanieren, die uns die größten Kopfschmerzen bereiten. Aber auch klar Nein. Früher war es üblich, dass das Land regelmäßig die Sanierung und Renovierung von Studierendenwohnanlagen unterstützte. Seit einigen Jahren wurden diese Mittel stetig zurückgefahren, letztlich von einem Zuschuss in einen Zinsbonus umgewandelt worden. Damit ist gerade in einem armen Studentenwerk, wie dem AKAFÖ, ein großer Sanierungsstau entstanden. Dem wollen wir jetzt aber entgegen treten.
bsz: Wie hoch ist der Sanierungsstau beim AKAFÖ?
J.L.: Insgesamt lässt sich dieser Rückstau mit 40 Millionen Euro beziffern. Wir haben aber nur 28 Millionen Euro beantragt, denn mehr könnten wir in zwei Jahren nicht verbauen.
bsz: Sie sprachen von Wohnheimen, die ihnen Kopfschmerzen bereiten: Welche sind das und wieso?
J.L.: Zunächst einmal ist das die Laerholzstr. 80. Das ist das älteste Wohnheim des AKAFÖ, und viel wurde dort seit dem Bau nicht gemacht. Vor einigen Jahren haben wir mit eigenen Mitteln einen der drei Türme saniert und hatten gehofft, mit Unterstützung des Landes und der Wirtschaft das International Center finanzieren zu können. Das steht nun als erstes auf der Agenda. Gegenüber der Laerholzstraße steht unser zweites Sorgenkind: Die Wohnanlage auf der Papenburg 7-21. Die Flachbauten sind jetzt fertig, aber das große Wohnheim ist wirklich dringend sanierungsbedürftig. Die Fassade ist veraltet und die Wärmedämmung völlig unzureichend. Das Inventar ist einfach abgewohnt. Die Küchen und Bäder entsprechen nicht mehr den Ansprüchen unserer Studierenden. Letztlich haben wir in den neunziger Jahren ein Wohnheim von der katholischen Kirche übernommen, welches mittlerweile in die Jahre gekommen ist. Das Hegge-Kolleg in der Glücksburger Straße wird ebenfalls in den kommenden zwei Jahren eine Baustelle werden.
bsz: Was wird in diesen Baustellen gemacht?
J.L.: Das ist unterschiedlich. Aber eigentlich müssen wir immer in die Bausubstanz investieren. Zum Teil müssen die Fassaden überarbeitet werden, bessere Wärmedämmung eingebaut werden. Außerdem werden wir in die Gebäudestruktur eingreifen. In der Papenburg müssen wir zum Beispiel mehr Bäder und ansprechendere Küchen bauen. Heizungsanlage, Fahrstühle, Elektroverteilung… Die Gebäude stammen aus den sechziger Jahren. Da ist eine Menge zu tun. In der Wohnanlage Markstr. 105 haben wir gezeigt, was man im Bereich nachhaltiges Wohnen tun kann. Wir haben eine Solarthermie-Anlage eingesetzt, moderne Belüftungstechnik installiert und damit den Energiebedarf des Hauses minimiert. Über die Mittel aus dem Konjunkturpaket wollen wir noch bis zu sieben Millionen Euro aus eigenen Mitteln zur Steigerung der Energieeffizienz investieren. Am Ende soll der Energiebedarf auf jeden Fall deutlich unter dem Ist-Stand liegen.
bsz: Das klingt nach einer anstrengenden Agenda. Das Geld muss ja bis zum 31.12.2010 verbaut werden. Ist das überhaupt zu schaffen?
J.L.: Es ist in der Tat nicht einfach. Zum einen sind die Wohnheime ja gerade alle bewohnt. Zum anderen müssen auch die Firmen gefunden werden, die in der Lage sind, just in time in den Baustellen zu arbeiten. Überdies hat das Ministerium zwar eine Verteilung beschlossen, wie wir an das Geld kommen, ist aber noch völlig unklar…
bsz: Die Entscheidung im Bundesrat ist gefallen, obwohl die FDP ja einige Bauchschmerzen hatte. Zuviel staatliche Investitionen, zu wenig Steuerentlastung sprachen gegen das Paket.
J.L.: Das trifft aber nicht auf unseren Wissenschaftsminister zu. Herr Pinkwart und Herr Stückradt (Anm. der Redaktion: Staatssekretär im Innovationsministerium) haben sich im Vorfeld dafür stark gemacht, dass das Geld aus dem Paket nicht nur an die Hochschulen, sondern in NRW auch an die Studentenwerke fließt.
bsz: Was geschieht mit den Bewohnerinnen und Bewohnern der Häuser?
J.L.: Wir haben, direkt nachdem wir von der Landeszusage erfahren haben, einen Einzugsstopp für die betreffenden Wohnheime beschlossen. Außerdem verlängern wir keine Mietverträge in diesen Wohnanlagen. Allen anderen Bewohnerinnen und Bewohnern werden wir kündigen müssen und ein Angebot in einem anderen Wohnheim unterbreiten. Rosemarie Heeger, unsere Leiterin der Vermietung, und ihr Team führen bereits jetzt Gespräche, um für alle Bewohnerinnen und Bewohner eine Lösung zu ermöglichen, die auf ihre finanziellen Möglichkeiten und ihre Studiensituation Rücksicht nimmt. Trotzdem, es eilt alles sehr: Jeder Cent, der nicht bis zum 31.12.2010 ausgegeben wurde, fließt zurück an den Bund. Insgesamt sind circa 600 Wohnplätze davon betroffen. Letztlich verlängert sich dadurch auch die Warteliste für unsere Wohnanlagen.
bsz: Wohnraum wird also knapp in Bochum?
J.L.: Es wird knapper, klar. Wenn wir 600 Plätze vom Markt nehmen, hat das Auswirkungen. Andererseits hat das größte Bochumer Wohnheim, das Papageienhaus, hohe Leerstände. Überdies schrumpft unsere Stadt. Auch der private Wohnungsmarkt ist seit Jahren entspannt. Auf der Straße wird am Ende keiner stehen.
bsz: Insgesamt bietet das AKAFÖ knapp 4.000 Wohnheimplätze. Was haben aber die Studierenden von den Millionen, die nicht in einer der drei Wohnanlagen wohnen.
J.L.: Wir haben einen Renovierungsrhythmus für unsere Wohnanlagen. Wenn wir in diesen drei Anlagen schneller fertig werden, haben wir die Mittel frei für unsere nächsten Baustellen. Bei unserem Wohnraumbestand sind wir eigentlich ständig am Bauen. Wir steigern da regelmäßig unsere Qualität und bieten preisgünstigen Wohnraum an. Das hat auch mittelbar Effekte auf den freien Wohnungsmarkt und die privaten Wohnheime. Man schaut schon, wie viel ein Wohnheimplatz bei uns kostet.
bsz: Was ist mit den Studierenden, die nicht in Bochum wohnen? Haben die auch etwas vom Konjunkturpaket II?
J.L.: Die Universität hat insgesamt 4,6 Millionen Euro zur Verfügung gestellt bekommen, um in den Bereichen „Student Service“ und Kindertagesstätten aktiv zu werden. Im letzten Monat hat die Ruhr-Universität mit uns und mit Prof. Krenz von der Hochschule Bochum einen Wettbewerb durchgeführt, um die besten Ideen für eine Kita südlich der Mensa von den Studierenden der BO zu bekommen. Professor Weiler war begeistert von den kreativen Ideen und unterstützt ihre Umsetzung. Mit den Mitteln des Konjunkturpakets II könnte der Grundstein von der Universität in diesem Jahr gelegt werden. Auch im Bereich „Student Service“ sind die Pläne schon gezeichnet. Schon vor Jahren haben wir ein Konzept erarbeitet, wie die Beratungsangebote für Studierende hier im Studierendenhaus optimal gebündelt werden können. Die Universität, das AKAFÖ und der AStA bieten eine Vielzahl von Beratungen kreuz und quer auf dem Campus verteilt an. Diese zu konzentrieren und ein Anlaufpunkt zu schaffen, könnte mit den Mitteln der Universität jetzt realisiert werden.
bsz: Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg auf Ihren Baustellen.
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