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Ursprünglich wurde die NATO als militärisches Gegengewicht zu den Sowjetstaaten gegründet. „To keep the Americans in, to keep the Russians out and to keep the Germans down“ sei das Ziel der NATO in Europa, erklärte deren erster Generalsekretär Lord Ismay. Nach dem Ende des Kalten Krieges und dem Zerfall des Warschauer Paktes suchte das Bündnis nach neuen Aufgaben, um seine Existenz zu legitimieren. Bis heute diskutieren WissenschaftlerInnen darüber, weshalb es das Verteidigungsbündnis überhaupt noch gibt. Die NATO selbst war bei der Suche nach neuen Einsatzmöglichkeiten äußerst kreativ. Erst sollten es Flüchtlingsströme aus dem „Süden“ sein, vor denen die NATO ihre Mitgliedsstaaten schützen wollte, und auch eine Reihe anderer Herausforderungen wie etwa der Klimawandel, mit denen ein Militärbündnis eigentlich nichts zu schaffen hat. „Im Gegensatz zur Hauptbedrohung der Vergangenheit sind die bleibenden Sicherheitsrisiken der Allianz ihrer Natur nach vielgestaltig und kommen aus vielen Richtungen, was dazu führt, dass sie schwer vorherzusehen und einzuschätzen sind. Die NATO muss fähig sein, auf derartige Risiken zu reagieren …“, hieß es dann in der Römischen Erklärung von 1991. Die schwammige Formulierung machte es möglich, in verschiedenste Konflikte zu intervenieren. Wenig später beschloss die NATO, dass ihre Truppen auch in Ländern eingreifen dürfen, die keine NATO-Mitgliedsstaaten sind.

Irak und Afghanistan

Dreiviertel der in Afghanistan stationierten Truppen sind SoldatInnen der NATO; auch im Irak-Krieg beteiligen sich NATO-Truppen – in beiden Ländern ist die Lage katastrophal. Von einem Erfolg in Afghanistan hänge der Erfolg und die Akzeptanz der NATO ab, erklärte Bundeskanzlerin Merkel im letzten Jahr. Mit der Akzeptanz beider Kriege in der Öffentlichkeit schwindet jedoch auch das Ansehen der NATO. Zumindest in Afghanistan sollen aber in den nächsten Jahren mehr Truppen stationiert werden. Das sehen auch die Pläne von US-Präsident Obama vor, der ebenfalls zum Jubiläumsgipfel in Straßburg erwartet wird. Mindestens 10.000 zusätzliche US-SoldatInnen sollen nach Afghanistan geschickt werden. Gleichzeitig fordert er „größere Beiträge mit weniger Beschränkungen“ von den NATO-Verbündeten. Insgesamt wird die NATO eine größere Rolle spielen als in den vergangenen Jahren; NATO-Staaten wie Frankreich und Deutschland werden dazu aufgefordert sein, mehr SoldatInnen zur Verfügung zu stellen. Sollte die NATO in Afghanistan nicht erfolgreich sein, wird sie in den nächsten Jahren wesentlich mehr Schwierigkeiten haben, militärische Interventionen durchzuführen – ein Horrorszenario für viele PolitikerInnen in den 27 Mitgliedsstaaten, deren militärische Interessen die NATO vertritt.

Kein Frieden mit der NATO
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Die Bilanz der NATO zeigt allerdings, dass mehr Einsätze nicht mehr Frieden und Sicherheit bedeuten. „Das erschreckendste Ergebnis der Entwicklung der Welt nach dem Ende der Blockkonfrontation ist aus meiner Sicht, dass die militärischen Konflikte sowohl an Zahl als auch an Schärfe zugenommen haben, obwohl es heute die unversöhnliche Gegnerschaft zweier unterschiedlicher Gesellschaftssysteme im Weltmaßstab nicht mehr gibt“, meint Peter Strutynski vom Kasseler Friedensratschlag. Seit ihrer Gründung waren die NATO-Staaten und Frankreich an mehr Kriegen beteiligt als alle anderen Länder.

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