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„Ich hätte gerne einen Salat.“ – „Mit oder ohne Spiegelei?“ Typisch RöSti. Ohne Fett ging da nichts. Während ansässige Hausärzte über exorbitante Cholesterinwerte schimpften, lockte in der Brüderstraße 14 das Schnellimbiss-Restaurant mit seinem Riesenschaschlik, der in der Szene liebevoll „Kinderarm“ genannt wurde. Aber auch die Chilisoße hatte es in sich. Unter der Ladentheke zubereitet stand sie lange Zeit im Verdacht, unter das Betäubungsmittelgesetz zu fallen, und oft sah man nach ihrem Verzehr „harte Männer“ weinen.

RöSti Teller mit gem. Salat (1,2), Spiegelei und Pommes-Frites

„Reich ist der Steinmüller mit seinen Putengedönse geworden.“ So wird in der Brüderstraße gemunkelt. Aber als Harald Steinmüller Ende der siebziger Jahre seine Frittenschmiede eröffnete, galt es keineswegs als gesichert, dass sich aus dem Schnellimbiss eine Erfolgsgeschichte entwickeln würde. Das Bermudadreieck, das mittlerweile jedes Wochenende die Massen aus der Region anlockt, war damals lediglich der Wunschtraum einiger verwegener Kneipiers, die sich noch in Kollektiven betätigten. Zudem wurden in den achtziger Jahren viele FriteusenmeisterInnen durch die Ausbreitung der amerikanischen Fastfood-Ketten vom Markt gedrängt. Nicht so RöSti! Mit der Etablierung der Kneipenkultur vom Adenauerplatz bis zur Brüderstraße wuchs die Bedeutung der Pommesbude stetig. Bald galt der Schnellimbiss als beliebter Treffpunkt der Szene.

Zahlreich sind die Geschichten, die sich von RöSti aus erzählen lassen. Beispielsweise traf man dort beinahe täglich den Musiker Karsten Riedel von der Bochumer Ska-Band Alpha Boy School an. In schöner Regelmäßigkeit verzehrte er bei RöSti eine Jägerwurst – ein Gericht, das schließlich zusammen mit Pommes als „Alpha-Teller“ in die Bochum-Total-Historie eingehen sollte. Denn RöSti war mehr als bloß eine Pommesbude. Legendär war die Lesung des mittlerweile renommierten Suhrkamp-Autoren Wolfgang Welt, die unter dem Titel „Pommesfett und Poesie“ den Laden zu füllte. Zum Eintritt gab es eine Currywurst, und selbst in der Frankfurter Suhrkamp-Zentrale fragte man sich: „Wie machen die das bloß in Bochum?“

Scharf machen für zwei

Nachdem am 31. Juli 2003 Alpha Boy School das erste Live-Konzert im Schnellimbiß-Restaurant gespielt hatten, galt die Pommesbude als der Auftrittsort für die Bochumer Lokalmatadore. Besonders zu Bochum Total drohte die Location aus allen Nähten zu platzen. Da gingen dann auch mal die Scheiben zu Bruch. „Macht nix“, sagte Harald Steinmüller, und liebevoll gestaltete er die Pommesbudenwände mit den diversen Fotos der Live-Acts. Immerhin hatte er mit seinem alternativen Auftrittsort einen wichtigen Impuls zu der Etablierung der Off-Stage-Bühnen des Festivals gegeben. Wenn heutzutage im Schaufenster von Nastis Klamottenladen „Jungle“ oder in der Sitzecke des Café Zacher zu Bochum Total die Musiker zu ihren Instrumenten greifen, dann hat das auch mit dem Steinmüllerschen Gründergeist zu tun. Ohne RöSti sähe die Brüderstraße heute anders aus.

Nach dreißig Jahren harter Arbeit erlag Harald Steinmüller Ende Dezember schließlich einem Herzinfarkt. Sein unerwarteter Tod hinterlässt eine schmerzhafte Lücke im Bermudadreieck. Wir werden sie vermissen, diese kultige Frittenschmiede und ihrem aufgeschlossenen Betreiber. Die Brüderstraße trauert.

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