Die offizielle Version der Arbeitsagentur liest sich gefällig: „Innerhalb eines Jahres konnte sich die Arbeitslosigkeit in Bochum um gut 10 Prozent verringern. Noch vor einem Jahr waren es fast 2.000 Personen mehr, die in Bochum arbeitslos gemeldet waren.“ Eine fast wortgleiche Jubelmeldung verkündete die Bochumer Agentur schon vor einem Jahr. Wer die beiden Berichte vergleicht, muss jedoch stutzig werden.

Was heißt hier arbeitslos…

An beiden Berichten auffällig ist zum einen die große Diskrepanz zwischen den gemeldeten „Arbeitssuchenden“ und „Arbeitslosen“: In der jüngsten Statistik stehen 17.000 offiziell „Arbeitslosen“ insgesamt 29.500 „Arbeitssuchende“ gegenüber. Dieser Unterschied kann bei weitem nicht damit erklärt werden, dass sich auch Leute als „arbeitssuchend“ melden, die zwar schon gekündigt, aber noch nicht entlassen sind. Unter den knapp 12.500 BochumerInnen, die zwar ganz offiziell eine Arbeit suchen, aber laut Statistik nicht „arbeitslos“ sind, befinden sich auch alle 1-Euro-JobberInnen sowie jene Arbeitslose, die von der Agentur in so genannte „Maßnahmen“ zur Weiterbildung gesteckt wurden. Dass sie nicht in der Arbeitslosenquote auftauchen, ist inhaltlich kaum zu rechtfertigen und an sich schon ein Statistik-Trick.

Widersprüchliche Zahlen

Noch brisanter wird die Statistik, wenn man die Entwicklung der beiden zentralen Zahlen unter die Lupe nimmt. Die offizielle Arbeitslosenzahl sank in Bochum 2008 um zehn Prozent. Im gleichen Zeitraum ging die Zahl der „Arbeitssuchenden“ allerdings um weniger als 2,1 Prozent zurück. Schönt die Bochumer Arbeitsagentur ihre angeblichen Erfolgsmeldungen also um den Faktor fünf, indem sie die Arbeitssuchenden geschickt in Teile der Statistik verschiebt, die nicht in die offizielle Arbeitslosenquote eingerechnet werden?

Ene mene muh – und raus bist du!

Die Unabhängige Sozialberatung Bochum erhebt genau diesen Vorwurf und präsentiert ein aktuelles Beispiel: 2000 Bochumer Erwerbslose stehen demnach kurz davor, aus der Statistik entsorgt und dabei mit einer Vielzahl von Schikanen bedroht zu werden. Die Betroffenen sollen „ausgelagert” und von privaten Trägern „intensiv betreut” werden. In der Arbeitslosenstatistik würden sie dann nicht mehr auftauchen. Norbert Hermann von der Unabhängigen Sozialberatung sagt: „Die Maßnahme dient neben der massiven Repression und Kontrolle der Betroffenen vor allem der logistischen Vorbereitung einer propagandistischen Verniedlichung des für das kommende Jahr erwarteten Anstiegs der Massenarbeitslosigkeit.”

Zwei Fliegen mit einer Klappe

Nach Einschätzung der Unabhängigen Sozialberatung ist die ARGE Bochum massiv unterbesetzt. Statt die ARGE personell vernünftig auszustatten und die MitarbeiterInnen ordentlich zu qualifizieren, werde das Problem an noch viel weniger qualifizierte private Träger ausgelagert. Norbert Hermann: „Was dann dort mit den Betroffenen passiert, bezeichnen Insider der Arbeitsverwaltung schon seit Jahren als ‚Verfolgungsbetreuung‘. Alle 14 Tage sollen die Leute beim privaten Träger antanzen und dort auch ihre persönlichen und familiären Probleme offen legen. Angeblich bestehe Schweigepflicht. Uns ist keinerlei Rechtsgrundlage dafür bekannt.“

Massive Nachteile für Betroffene

Der Unabhängigen Sozialberatung sei von Ratsuchenden berichtet worden, wie derzeit in Massenveranstaltungen mit bis zu 30 Teilnehmenden Arbeitssuchende an die privaten Träger abgeschoben werden, so der Berater. Sie werden demnach bedrängt, dem Verfahren in einem „Vertrag” zuzustimmen, der ihnen massive Nachteile bringe. Die Unabhängige Sozialberatung weist darauf hin, dass niemand gezwungen werden kann, einen solchen Vertrag sofort zu unterschreiben. Alle Betroffenen haben das Recht, erst einmal eine Beratungsstelle aufzusuchen. Unabhängig von den persönlichen Notlagen, in denen sich die Betroffenen befinden, fordert er die Bochumer Öffentlichkeit auf, sich gegen das Frisieren der Arbeitslosenstatistik zu wehren.

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