Rein formal ist Bernd Wilmert der kaufmännische Geschäftsführer der Bochumer Stadtwerke. Real ist er der Chefökonom der Bochumer SPD und hält die wichtigsten kommunalen Hebel in der Hand. Mit großem Geschick hat er einen beachtlichen Konzern zusammengebastelt: Er fädelte die Kooperationen mit den Versorgungsunternehmen der Nachbarstädten ein und landete einen riesigen Coup, als er zusammen mit den Dortmunder Stadtwerken der RWE AG das riesige Unternehmen Gelsenwasser wegschnappte. Er hat einen Konzern entwickelt, der es sich leisten kann, fehlende Millionen für den Konzerthausbau aufzubringen, das Starlight-Unternehmen zu sanieren oder den Verein für Leibesübungen (VfL) mit einer Millionen-Euro-Spritze zeitweise in der 1. Liga zu halten.
Die Subventionen für den VfL durch die Umbenennung des Ruhrstadions in „Rewirpowerstadion“ haben nicht zuletzt den Bochumer Grünen deutlich gezeigt: Bei wirklich wichtigen Entscheidungen dürfen sie nicht mitspielen. Genau wie bei der Bewilligung zusätzlicher Millionen für den Bau des Konzerthaus wurden sie beim Stadion-Deal übergangen. Um die Grünen in der Koalition zu halten, versprach die SPD, dass die städtischen Töchter auch Geld an den „Bochumer Förderturm“ überweisen. Der Verein finanziert die Schulbücher für Kinder aus armen Familien, seitdem die Bochumer Ratsmehrheit 2006 die Lernmittelfreiheit faktisch abgeschafft hatte. Nach wie vor werden die Bücher damit zum Großteil durch öffentliche Mittel finanziert – mit dem Unterschied, dass es sich jetzt nicht mehr um einen gesetzlichen Anspruch, sondern um Almosen handelt. Die städtischen Töchter sind bei den Schulkindern jedoch viel knausriger als beim VfL: Nur ein Bruchteil des versprochenen Geldes wurde überwiesen.
Guter Trick: Städtische „Enkel“
Versöhnlich setzte daraufhin Heinz Hossiep (SPD) ein Zeichen des guten Willens. Er ließ auf seinem Geburtstag für den „Förderturm“ sammeln. Hossiep ist das Symbol dafür, welche Bedeutung die städtischen Töchter haben. Er bestimmte zwei Jahrzehnte lang maßgeblich die Politik der Stadt und bezog sein Gehalt als Geschäftsführer der städtischen Wohnungsgesellschaft VBW. Eigentlich verbietet es die Kommunalverfassung, dass jemand Ratsmitglied ist, der bei der Stadt oder einer ihrer Töchter beschäftigt ist. Die Anteile der Stadt an der VBW wurden aber so unter den städtischen Töchtern aufgeteilt, dass die VBW formal keine direkte städtische Tochter war.
Interkommunal klappt‘s auch
Bei den städtischen Töchtern macht die SPD ihrem grünen Koalitionspartner und der ansonsten weitgehend in alle Entscheidungen eingebundenen CDU deutlich, dass sie bei wichtigen Dingen nichts zu sagen haben: Die meisten Spitzenjobs sind mit GenossInnen besetzt. Chef der Sparkasse ist der langjährige SPD-Unterbezirksvorsitzende Volker Goldmann. Als Pressesprecherin des Entsorgungsbetriebs USB zeichnet das SPD-Ratsmitglied Gudrun Goldschmidt verantwortlich. Das Prinzip funktioniert auch über die Stadtgrenzen hinweg: Als der Hammer Oberstadtdirektor Dieter Krämer (SPD) mit seinem Versuch scheiterte, Oberbürgermeister zu werden, bekam er den Job von Heinz Hossiep bei der VBW. Die Bochumer Bürgermeisterin Gabriele Schäfer (SPD) bezieht indes ihr Gehalt als Gleichstellungsbeauftragte bei der SPD-regierten Stadt Gelsenkirchen.
Die Affäre Werner Meys
Solidarität herrscht auch, wenn ein Topmanager Fehler macht. Im Sommer 2000 wackelte der Stuhl des USB-Geschäftsführers Werner Meys wegen einer Umweltaffäre ganz gewaltig. Er wurde vom USB-Aufsichtsrat kurzzeitig entmachtet. Als der Vertrag des verdienten SPD-Parteigenossen im vergangenen Jahr trotz alledem um weitere fünf Jahre verlängert wurde, musste sich der Konzern in der Lokalpresse dafür rechtfertigen. An den Bochumer Entscheidungsstrukturen änderte dies freilich nichts.
Alles prima im „Konzern Bochum“
Zu Weihnachten gab es noch eine Meldung, die dazu passt: Die RWE AG musste einem gerichtlich erzwungenem Vergleich zustimmen, durch den die Aktionäre der von ihr geschluckten VEW pro Aktie noch einmal 14 Euro erhalten. Das spült den Stadtwerken 14 Millionen Euro zusätzlich in die Kasse. Die gewählten Bochumer Ratsmitglieder werden sicherlich nicht darüber entscheiden, was mit diesem Geld passiert.
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