Am alten Hochbunker an der Universitätsstraße (Höhe Oskar-Hoffmann-Straße) wird seit rund sieben Monaten gebaut. Das Dach des ehemaligen Bunkers wurde bereits entfernt und auch an Bodenplatte und Eingang wirken eher destruktive Kräfte. Auf den ersten Blick deutet also alles auf einen Abbruch hin, in Wahrheit ist jedoch genau das Gegenteil der Fall: Der Bunker ist im Aufbruch, aus ihm soll das Grundelement des „Exzenterhauses“ werden, eines 83,5 Meter hohen Bürogebäudes. Von einer „der exklusivsten Geschäftsadressen des Ruhrgebiets“ spricht die ausführende Firma, AnwohnerInnen sind dagegen weit weniger begeistert.
Insel der Dunkelheit
Der Bau eines Hochhauses auf einer Art übergroßer Verkehrsinsel ist äußerst eigenwillig und schlägt daher auch über die Bochumer Grenzen hinweg hohe Wellen. BefürworterInnen sprechen von einem kreativen und modernen Bauvorhaben, gar von einem neuen „Wahrzeichen des Ruhrgebiets“. KritikerInnen befürchten dagegen die Verschandelung der südlichen Innenstadt. Zurzeit ist diese von drei- bis fünfgeschossigen Häusern geprägt, Ausnahmen gibt es kaum. Bisher bewies das zuständige Amt hier also städtebauliche Disziplin, umso erschreckender ist für viele AnwohnerInnen somit der Bau des 15-stöckigen Exzenterhauses, welches Teilen der Universitätsstraße das Tageslicht raubt. „Wenn der Bau fertiggestellt ist, werde ich kein direktes Sonnenlicht mehr in meiner Wohnung haben“, berichtet ein Student, der unmittelbar an der Baustelle wohnt. „Und es handelt sich um eine Dachgeschosswohnung, das ist doch absurd!“ Ähnlich ergeht es vielen Menschen, weshalb sich bereits früh die „Bürgerinitiative Rundbunker“ bildete, die notfalls auch gegen das Projekt klagen möchte. Die Erfolgsaussichten sind jedoch gering.
Demokratie? Nicht so wichtig…
Bedenken gegen das Bürogebäude gab es auch von Seiten der Politik. Die zuständige Bezirksvertretung Bochum-Mitte lehnte das Projekt ab. Die Grünen und eine Vertreterin der CDU stimmten gegen den Bau, die Mehrheit der CDU-Fraktion stimmte dafür, während sich SPD und Linke ihrer Stimmen enthielten. Da der Ausschuss für Stadtentwicklung jedoch geschlossen für das Bauvorhaben votierte, wurde die Entscheidung der Bezirksvertretung nichtig. „Sowohl aus ökologischen als auch als wirtschaftlichen Gründen lehnen wir den Bau ab“, begründet Karsten Finke, Fraktionsvorsitzender der Grünen in der Bezirksvertretung Mitte die Entscheidung seiner Fraktion. „Die Verkehrs- und Parkplatzsituation im Bereich des geplanten Exzenterhauses wird sich enorm verschärfen und für eine deutliche Verschlechterung der Wohnqualität sorgen. Gepaart mit der Tatsache, dass fast die gesamte Grünfläche am Hochbunker dem Bau zum Opfer fallen wird, wird das Vorhaben ökologisch zu einer kleinen Katastrophe. Wie dies in Anbetracht der Tatsache, dass in Bochum unzählige Büros und zum Teil ganze Bürogebäude in bester Lage leerstehen, zu rechtfertigen ist, bleibt uns schleierhaft.“
Extravagante Architektur zu hohen Preisen
Doch trotz des hohen Leerstands in Bochum wie im gesamten Ruhrgebiet ist das Interesse an den Räumlichkeiten im Exzenterhaus offenbar groß. Mindestens zwei Etagen sind schon verbindlich vermittelt und auch für die weiteren Büros liegen zahlreiche Anfragen vor. Schließlich präsentieren sich gerade börsennotierte Unternehmen lieber im schicken Vorzeigebau als im verdreckten Hinterhof. Langfristig bedeutet dies den weiteren Verfall älterer Bürogebäude überall in Bochum, während sich einige wenige Firmen stilvoll im noblen Wurmfortsatz des ehemaligen Bunkers niederlassen. Ob diese Aussichten aus städtebaulicher Perspektive wirklich erstrebenswert sind, darf bezweifelt werden. Das Exzenterhaus soll Ende 2009 bezugsfertig sein. Pünktlich zum Kulturhauptstadtjahr hat Bochum also ein weiteres überdimensioniertes Vorzeigeobjekt, mit dem man angeben kann. Überdimensioniert genug, um darin den gigantischen Schuldenberg der Stadt zu verstecken, ist das Exzenterhaus aber wohl nicht. Aber vielleicht ist dann ja im Konzerthaus noch etwas Platz…
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