Nahezu gleich blieb laut der offiziellen Sozialstatistik auch die Zahl der sogenannten Bedarfsgemeinschaften, die von September auf Oktober von 29.395 auf 29.378 gesunken sei. Sozialgeld erhielten im vergangenen Monat 16.306 Menschen, während es im Vormonat 16.401 waren. Diese Zahlen untermauern vor allem eins: Stag-nation prägt das Bild – von schneller Besserung keine Spur. Selbst die Arge muss in ihrem Arbeitsmarktbericht zum Monat Oktober eingestehen, dass der lediglich minimale Rückgang der Arbeitslosenquote in Bochum nicht mit der positiveren Entwicklung der letzten Monate vergleichbar sei. Zudem ist die Statistik ohnehin mit größter Vorsicht zu genießen, da sämtliche GeringverdienerInnen sowie durch dauerhafte Maßnahmen im Zuge von Hartz IV in „Ein-Euro-Jobs“ abgedrängte Menschen seit 2005 aus der Arbeitslosenstatistik herausfallen. Somit werden die Arbeitsmarktdaten Monat für Monat erheblich verfälscht, so dass es beinahe unmöglich erscheint, die reale Situation aufgrund der offiziellen Statistiken realistisch einzuschätzen.
Reallohnverlust als Krisenindikator
Ein weitaus zuverlässigerer Indikator für die sich verschärfende Krisensituation ist da schon die reale Lohnentwicklung. Zwar erklärte die DGB-Region Ruhr Mark unlängst, dass sich die Bruttolohn- und Bruttogehaltssumme der sozialversichert beschäftigten ArbeitnehmerInnen vom Jahre 1995 bis 2005 nicht verändert habe. Der DGB-Regionsvorsitzende Michael Hermund geht in seiner Interpretation der Faktenlage noch einen entscheidenden Schritt weiter: „Insbesondere wenn man die Inflationsrate berücksichtigt und den Anstieg der Steuer- und Sozialabgaben mit einbezieht, wird jedoch deutlich, dass sich die Kaufkraft der Arbeitnehmer in Bochum deutlich vermindert hat“, sagt Hermund. Während die Arbeitgeber in Bochum 2005 knapp 50.000 Euro weniger an Bruttolöhnen auszahlten als noch im Jahr 1995, stiegen die Verbraucherpreise im gleichen Zeitraum um 4,9 Prozent. „Diese Entwicklung hat sich im aktuellen Jahr beschleunigt“, so Hermund weiter: „Allein die Inflationsrate liegt 2008 bei über 3 Prozent.“
In Sachen Krisenbewältigung setzt Hermund auf ein klassisches Methodeninventar. Neben möglichst hohen Tarifabschlüssen, die zuletzt in der Stahlbranche nur teilweise errungen werden konnten, setzt der regionale DGB-Vorsitzende auf eine branchenübergreifende Nivellierung des Mindestlohnniveaus, die sich auch für die Unternehmen auszahlen soll: „Die Einführung eines Mindestlohnes von 7,50 Euro wäre ein weiterer Baustein zur Stabilisierung der Wirtschaft.“ Ob ein solcher Schritt allerdings mit einer Bundesregierung machbar ist, die an der flächendeckenden Etablierung eines Niedriglohnsektors samt Beschneidung des Rechts auf freie Berufswahl im Zuge von Hartz IV festhält, darf stark bezweifelt werden.
0 comments