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„Die Ruhr-Universität steht für die ständige Verbesserung der Qualität in Forschung und Lehre.“ (Hervorhebungen wie im Original) – So heißt es im Hochschulentwicklungsplan unter dem Punkt „Weiterentwicklung von Studium und Lehre“. Spätestens seit der Exzellenzinitiative wird kritisiert, das Rektorat vernachlässige die Lehrsituation an der Uni zugunsten einer international konkurrenzfähigen „Spitzenforschung“. Die Uni-Leitung wird jedoch nicht müde, dieser Kritik zu widersprechen. Begründet wird die Fokussierung auf die Forschung damit, dass nur auf diesem Wege letztlich auch eine qualitativ hochwertige Lehre möglich sei.(c) Pressestelle der RUB

Forschungsstandort Deutschland

Das Land der „Dichter und Denker“ gehört bereits seit geraumer Zeit nicht mehr zu den wissenschaftlichen Innovationsmotoren der Welt. Gerade deutsche Universitäten tun sich schwer, wissenschaftliche Durchbrüche hervorzubringen. Dieser Problematik muss sich natürlich auch die Ruhr-Universität stellen und widmet diesem Thema einen Großteil ihres Entwicklungsplans. Forschung und Lehre bilden eine Symbiose. Dieses Bewusstsein fehlt in weiten Teilen der Gesellschaft, kritisierte auch jüngst Rektor Elmar Weiler bei einer Diskussion zur Exzellenzinitiative (wir berichteten). Rückschlüsse aus dieser Aussage sind im „Hochschulentwicklungsplan“ jedoch kaum zu finden. Zwar gibt man vor, sich der Verbesserung von Forschung und Lehre zu widmen, viele zentrale Probleme der Lehre an der Ruhr-Uni bleiben jedoch unerwähnt.

Verantwortung und Wettbewerb

Ihrer sozialen und gesellschaftlichen Verantwortung wird die Universität auf diesem Wege nur schwer gerecht. So verwundert es auch nicht, dass das Wort „Verantwortung“ lediglich dreimal in dem Bericht auftaucht, „Wettbewerb“ dagegen 25-mal. Der gesamte Themenkomplex, der sich mit der sozialen Problematik der Studierenden beschäftigt, fällt im „Hochschulentwicklungsplan“ unter den Tisch und verdeutlicht so, welche Bedeutung die Uni-Leitung diesem Thema beimisst. Zwar fällt der Satz, sich auch der Bedeutung für Kinder aus „bildungsferneren Schichten“ bewusst zu sein, konkreter wird es jedoch nicht. Der Rektor hat selbst behauptet, durch die Exzellenzinitiative nicht die „Bildung einer Elite“ begünstigen zu wollen. Wenn jedoch der Zugang zu Hochschulbildung immer stärker vom Geldbeutel der Eltern abhängt und das Rektorat dem offenbar gleichgültig entgegensteht, sind diese Worte nur wenig wert. Die prekäre Forschungssituation in Deutschland kann kein Alibi dafür sein, soziale Aussiebung im Bildungssystem zu fördern.

Bachelor? Nie gehört…

Auch die bisher unbefriedigende Umstellung auf das internationale Bachelor/Master-System wird nur am Rande erwähnt. Gänzlich unerwähnt bleibt, dass sich der Bachelor als erster berufsqualifizierender Abschluss in kaum einem Fach durchsetzen konnte. Die in verschiedenen Studien bestätigte fehlende Akzeptanz für den Bachelor-Abschluss hat für die Ruhr-Uni natürlich auch einen sehr negativen Beigeschmack, schließlich zählt unsere Uni zu den „Vorreitern“ bei der Umsetzung der Bologna-Beschlüsse, zu denen eben auch die Einführung des Bachelors zählt. Wenn die Umstellung auf englischsprachige Abschlüsse die internationale Vergleichbarkeit tatsächlich erhöhen soll, so muss der Bachelor auch entsprechend gestärkt werden. Konkrete Pläne dazu gibt es in Bochum aber offenbar nicht.

Betreuung & Umfeld verbessern

Berücksichtigt werden in dem Bericht allerdings die nötige Verbesserung des Lehr- und Lernumfelds und die Betreuungssituation. Wie die Betreuungssituation jedoch gerade für Bachelor-Studierende verbessert werden soll, dazu schweigt sich das Rektorat aus. Zur Forderung des Wissenschaftsrates, mehr Lehrprofessuren einzurichten, in denen sich die Beschäftigten im stärkeren Maße der Lehre widmen (dabei aber natürlich auch weiterhin in der Forschung tätig sind), äußerte man sich nicht. Stattdessen setzt die Uni Verbesserungen in der Betreuung nur sehr punktuell an. So lobenswert Projekte wie die „Ruhr University Research School“ für Promovierende sind, der Großteil der Studierenden profitiert davon nicht und leidet weiterhin unter überfüllten Hörsälen und zu kurzen Sprechzeiten der ProfessorInnen.

Konkrete Antworten auf akute Probleme sucht der/die geneigte Studi im „Hochschulentwicklungsplan“ also vergebens. Statt Verbesserungen der Lehrsituation zu erwarten, lieber weiter Emails an die überforderten Dozierenden wegen der misslungenen VSPL-Anmeldung schreiben und morgen wieder eine Stunde früher aufstehen, damit man in der Vorlesung nicht auf der Treppe sitzen muss. Exzellent…

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