„Angesichts dieser Entwicklung sind all jene blamiert, die einen Rückgang der Studienanfängerzahlen wegen der Studienbeiträge prophezeit haben“, erklärt Minister Pinkwart höhnisch. In einer weiteren Erklärung lässt das Ministerium sogar einen anonymen „Sprecher“ poltern, die Opposition habe „immer noch nicht verstanden, mit Zahlen seriös umzugehen“. Von der Seriösität der Regierungsargumentation kann sich allerdings jedeR mit einem Blick auf das Zahlenmaterial selbst überzeugen.

Gebührenfreie FernUni ausschlaggebend

Fakt ist: Die frischgebackenen Studierenden verteilen sich mehr als ungleich auf die Hochschulen. Die einzige Universität in NRW, die keine Studiengebühren erhebt – die FernUni Hagen – legt nämlich bei den ErstsemesterInnen um satte 58 Prozent zu. Und das, obwohl sie schon im vergangenen Semester mehr Studierende dazu gewonnen hatte, als alle anderen (gebührenpflichtigen) NRW-Unis gemeinsam verloren. Damals hatte die Landesregierung sich bereits mit den wachsenden Studierendenzahlen in Nordrhein-Westfalen gebrüstet. Dass die Studierendenzahl an den gebührenpflichtigen Präsenzunis in Wirklichkeit klar zurückging, wurde geflissentlich verschwiegen.

Ruhr-Uni schrumpft weiter

Diese Trends setzen sich jetzt weiter fort: An der Ruhr-Universität geht die prognostizierte Zahl der Studierenden zum Beispiel auch in diesem Semester weiter deutlich zurück – um etwa 200. Hier scheinen Selektionsmechanismen wie der neu eingeführte Numerus Clausus im Fachbereich Maschinenbau mit der abschreckenden Wirkung der Studiengebühren Hand in Hand zu gehen. Das Ministerium verschweigt auch: Selbst, wenn man die statistisch fragwürdige Einrechnung der gebührenfreien FernUni Hagen akzeptieren würde, steigt die Zahl der ErstsemesterInnen nur proportional zur höheren Zahl der SchulabgängerInnen.

Bundesminsterin hält Studie zurück

Besonders peinlich werden die Äußerungen des NRW-Ministeriums, wenn man sie mit den Ergebnissen einer Studie konfrontiert, die Bundesbildungsministerin Annette Schavan in Auftrag gegeben hatte. Nach Medienberichten hält die CDU-Politikerin das brisante Ergebnis seit Wochen in ihrem Ministerium unter Verschluss. Demnach haben 18 000 SchulabgängerInnen des Jahres 2006 ausdrücklich wegen der Gebühren kein Studium aufgenommen. Die Brisanz dieser Zahl wird besonders deutlich, berücksichtigt man, dass zu diesem Zeitpunkt lediglich Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen schon Gebühren erhoben haben. Nach der Studie sollen Frauen und AbiturientInnen aus nichtakademischen Elternhäusern besonders häufig wegen der Gebühren auf ein Studium verzichten.

Veröffentlichung gefordert

Diese Ergebnisse liefern zumindest eine Teilerklärung für die Tatsache, dass es im Vergleich zu 2003 im vergangenem Jahr bundesweit etwa 17 Prozent mehr AbiturientInnen, aber fünf Prozent weniger StudienanfängerInnen gegeben hat. StudierendenvertreterInnen fordern die Bundesbildungsministerin derweil auf, die durch die Presse bekannt gewordene Studie endlich vollständig zu veröffentlichen – und zwar vor dem Bildungsgipfel, zu dem Bundeskanzlerin Angela Merkel für diesen Mittwoch eingeladen hat.

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