Die BundespolitikerInnen haben mittlerweile verstanden, dass sie seit der Föderalismusreform im Jahr 2006 den Landesregierungen das bildungspolitische Feld überlassen haben und immer weniger mitbestimmen können. Gleichzeitig haben die Änderungen im Bildungssystem kein gutes Image. Deshalb soll am 22. Oktober auf einem bundesweiten Bildungsgipfel in Dresden besprochen werden, wie es denn nun weitergeht mit Bund und Ländern. Schon die Äußerungen im Vorfeld lassen ahnen, was dort herauskommen wird: nichts. Echte Reformansätze gibt es nicht. Einige ungebetene Gäste haben derweil bildungspolitische Alternativen im Gepäck.
„Die eigentlich betroffenen, SchülerInnen, StudentInnen und LehrerInnen, sind nicht eingeladen. Und wir kommen trotzdem.“, verkündet zum Beispiel die Demokratische Linke an der Uni Gießen. Sie und viele andere Aktive aus verschiedenen Organisationen in der gesamten Bundesrepublik planen einen Gegengipfel in Dresden, um alternative Strategien zu besprechen und eigene Forderungen zu stellen.
Schavan hat keine Ideen
Im Vorfeld von Merkels Gipfel wird viel von Gerechtigkeit geredet. „Seit Jahren gibt es von Regierungsseite verschiedenste Qualifizierungsmaßnahmen. Dabei geht es aber nicht um inhaltliche Qualifizierung, sondern eben darum, möglichst schnell junge Menschen für den Beruf fit zu machen. Es geht nicht um bessere Bildung, sondern um wettbewerbsfähigere Schulen und Hochschulen. Und das ist nichts Soziales“, meint René Held, der Mitglied im Landesstudierendenausschuss der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Berlin. Er wird auch nach Dresden fahren und einen Gegengipfel mitorganisieren.
Dass es kaum ein Bildungssystem gibt, das selektiver ist als das deutsche, ist inzwischen hinreichend diskutiert. Ändern soll sich daran aber nichts. Zumindest die CDU hält weiterhin am dreigliedrigen Schulsystem fest. Gleichzeitig will die CDU-Bildungsministerin Schavan aber mehr Durchlässigkeit im Bildungssystem schaffen. Wie das gehen soll, bleibt aber unklar. Die Lehr- und Lernbedingungen werden auch an den Hochschulen schlechter, die öffentliche Finanzierung wird seit Jahren weiter eingeschränkt und die individuelle finanzielle Belastung dadurch größer. Anstatt einer ausreichenden Finanzierung aller Hochschulen wird aber weiter an Einzelprojekten wie der Exzellenzinitiative festgehalten, von denen kaum jemand etwas hat.
Reclaim your Brain
Die OrganisatorInnen des Gegengipfels haben ein paar Ideen, wie dem Bildungssystem geholfen werden könnte. „Die Schülerinnen und Schüler im Bündnis fordern längeres gemeinsames Lernen und eine sofortige Rücknahme des verkürzten Abiturs nach acht Jahren“, erzählt René. Die Studierenden fordern unter anderem die Abschaffung jeglicher Studiengebühren, eine massive Ausweitung und Anhebung bei den Bedarfssätzen des Bafög und eine Komplettüberholung des Bachelor/Master-Systems. „Wer mit dem Bachelor fertig ist, bewirbt sich danach an vielen Hochschulen mit Gott und der Welt um einen der knappen Masterplätze. Dort darf es keine Begrenzung geben: Wer einen Bachelorplatz bekommt, muss automatisch auch den Master machen können.“ In der GEW wird gerade auch über die Forderung eines Studienhonorars diskutiert. Für das Studieren bezahlt werden anstatt dafür zu bezahlen, das hört sich erst einmal gewagt an. In Schweden ist es aber zum Beispiel längst Realität und öffnet die Uni so für ärmere StudentInnen. Unter dem Motto „Reclaim your Brain 2.0“ lädt das Bündnis alle Interessierten zum Gegengipfel ein. „Es wird in Dresden eine Mischung aus Protest und Inhalt geben. Wir planen eine Großdemonstration, aber auch Workshops und Podiumsdiskussionen“, erzählt René.
Mehr Infos: http://www.bildung2008.de.vu
0 comments