In zehn von sechzehn Bundesländern wird heute „bundeswehrrelevante Forschung“ betrieben. Das ergibt die Antwort auf eine Kleine Anfrage im Bundestag. Spitzenreiter ist dabei das Land Nordrhein-Westfalen. Hier wird an zehn Universitäten und Instituten für den Krieg geforscht, unter anderem an der Uni Duisburg-Essen, der Uni Paderborn und der Fachhochschule Bonn-Rhein-Sieg. Die Gelder für Rüstungsforschung an öffentlichen Hochschulen fließen projektbezogen. Bis zum Jahr 2007 gab es ein solches Projekt auch an der Uni Bochum; 132.000 Euro wurden 2006 in die „Entwicklung, Erprobung und Evaluation eines wehrpsychologischen Qualitätsmanagements“ investiert. Das meiste Geld floss allerdings für verschiedenste Forschungsprojekte an die Deutsche Sporthochschule Köln. 818.000 Euro wurde dort für zwölf Projekte ausgegeben, von „Psycho-physiologischer Erfassung der momentanen Leistungsfähigkeit unter einsatznahen Bedingungen“ bis zum „Einfluss von Lost und alkylierenden Substanzen (Chemotherapeutika) auf Wundheilungsmechanismen“. All das klingt nicht nach der Entwicklung von Waffen, es klingt nicht wirklich gefährlich. Es geht in vielen der Projekte um Eignungstests für Offiziersbewerber oder die Wirbelsäulenbelastung von Soldaten. Doch es bedeutet, dass in zivilen Einrichtungen Rüstungsforschung stattfindet, die dafür da ist, möglichst effektiv Kriege zu führen.

Eine Milliarde für Rüstungsforschung

68 Prozent der Bundesbürgerinnen und ­‑bürger finden den Bundeswehreinsatz in Afghanistan laut einer Umfrage von Emnid falsch. Trotzdem wird für diesen und andere Einsätze der Bundeswehr an den Hochschulen geforscht. 1,1 Milliarden hat das Bundesministerium für Verteidigung für diese Forschung in diesem Jahr zur Verfügung, auf 36,9 Milliarden belief sich der Verteidigungsetat im letzten Jahr insgesamt. Im Vergleich dazu gewährt die Bundesregierung in diesem Jahr 9,35 Milliarden für das gesamte Bildungssystem der Bundesrepublik. Die Gelder, die das Bundesministerium für Verteidigung an die Unis verteilt, sind auch ein Anreiz für die Hochschulen, Rüstungsforschung zu betreiben – fragwürdig finden es die meisten wohl nicht. Am 15. August verkündete etwa die TU Dortmund stolz, nun drei Milliarden Euro für die Mitarbeit am Projekt „Airshield“ zu bekommen – allerdings vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, das den Forschungsauftrag auch vergeben hat. Der Zweck von „Airshield“ ist die Entwicklung ultraleichter Drohnen, die etwa Giftgas aufspüren können. Das Projekt, an dem fünf Hochschulen beteiligt sind, läuft unter dem Namen „Forschung für die zivile Sicherheit“ und wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung offenbar sowohl finanziert als auch in Auftrag gegeben. Es taucht auch in der Antwort auf die Kleine Anfrage auf. Dort wird allerdings weiter oben behauptet, dass „Im Rahmen der Ressortzuständigkeiten des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) keine wehrtechnischen und bundeswehrrelevanten Forschungsthemen vergeben“ werden.

Beim Frieden wird gespart

Im Gegensatz zur florierenden Rüstungsforschung an den Hochschulen wird in der Friedensforschung gekürzt. Im Jahr 2005 plante zum Beispiel der Hamburger Senat, zwei Drittel der Gelder des Instituts für Friedensforschung und Sicherheitspolitik der Uni Hamburg zu streichen, die sich schon vorher auf nur 1,3 Millionen Euro jährlich beliefen. Ebenso wurde bei der Hessischen Stiftung für Friedens- und Konfliktforschung und bei der Landesarbeitsgemeinschaft Friedenswissenschaft in NRW gespart. „Die Kürzungen für die genannten Einrichtungen fallen in eine Zeit, in der wissenschaftlicher Bedarf und öffentliche Nachfrage an Erkenntnissen der Friedensforschung gewachsen sind. Dies haben die terroristischen Anschläge vom 11. September 2001, der Irakkrieg und die nach wie vor ungelöste Problematik der Massenvernichtungswaffen deutlich vor Augen geführt“, erklärte die Landesarbeitsgemeinschaft Friedens- und Konfliktforschung 2003. Die Rüstungsforschung scheint sich auch wesentlich besser in die Politik der Bundesregierung einzufügen als die Suche nach friedlichen Alternativen. In sechs Auslandseinsätzen befindet sich die Bundeswehr im Moment, der Einsatz in Afghanistan soll in wenigen Wochen verlängert werden – auf 18 Monate, damit die nächste Abstimmung nicht den Wahlkampf für die Bundestagswahlen 2009 stört.

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