Der große bsz-Auslandsreport

Großbritannien – schon Asterix wusste: Die spinnen die Briten. Trotzdem gibt es allein an der Ruhr-Uni 1632 StudentInnen, die Anglistik studieren. Vor ihrem Bachelor  dürfen sie ein verpflichtendes Praktikum, vorzugsweise natürlich auf der Insel, absolvieren. Zur Vorbereitung hier drei grundlegenden Punkte englischen Andersseins: Wohnen, Essen und Reisen. Das Programm „England für Fortgeschritte“ mit den Punkten Mode, Bildung, Religion und Wirtschaft erfolgt in der nächsten Ausgabe.

Punkt 1: Das Eigenheim.

England, das sind rosenbewachsene Cottages in malerischer Landschaft, bekannt aus den Rosamunde Pilcher Filmen, grüner Rasen auf Kreidefelsen. Damen mit Hut; und Herren, die im Tweedjacket Tee mit Milch trinken. Im Südosten der Insel mag das vielleicht so sein, doch die Mehrzahl der Bevölkerung lebt nördlich von London, in Städten, in Reihenhäusern.
Das Lebensziel eines jeden jungen Briten ist es, möglichst schnell Eigentum zu besitzen. Nach dem Bachelor (ein Masterabschluss ist nicht die Regel) mit etwa 10 000 Pfund Schulden aus Studiengebühren ziehen die Britonen nicht etwa in eine Wohnung, sondern dank Hypotheken, „mortgages“, direkt ins Eigenheim. Nach der Hochzeit und einigen Berufsjahren kann dann die nächste Stufe der „property ladder“ erklommen werden. Durch den hohen Bedarf an Häusern gilt beim Bauen Quantität vor Qualität und extreme Hellhörigkeit, Plastikbadewannen und verschimmelte Fugen sind in einem fünf Jahre alten Haus keine Seltenheit. Auch von den getrennten Hähnen für heißes und kaltes Wasser können sie nicht lassen, Fenster zum Hochschieben sind allerdings mittlerweile die Seltenheit.

Punkt 2: Das Essen.

Viele Briten lieben ihr Sunday Roast mit Minzsoße noch immer, allerdings hat es in den letzten Jahren einen Umschwung in der englischen Küche gegeben. Weg vom Herd, rein in die Mikrowelle. Fertigessen und Süßigkeiten sind in vielen Küchen wichtiger Bestandteil, auch ihr Anteil im Supermarkt ist groß. Dabei sind englische Einkaufstempel komfortabler als deutsche: Viele Kassen, kein Anstehen, keine gestressten Kassiererinnen ― das Personal entschuldigt sich für Wartezeiten und bietet Hilfe beim Einpacken in die inflationär verwendeten Plastiktüten an. Ganztägig an sieben Tagen in der Woche geöffnet mit Regalen voller Bohnen in Tomatensoße, 25 Sorten Toastbrot und 500er Packungen schwarzen Tees.
Kaffeemaschinen sind in den meisten Haushalten nicht vorhanden, Instant-Pulver ist schließlich genauso gut. Nach 18 Uhr ein geöffnetes Café zu finden um sich nach Feierabend zu entspannen ist Glücksache, um 17 Uhr schließen sämtliche Geschäfte. Bleibt also nur der traditionelle Pub. Dort bekommen weibliche Personen meist von einem freundlichen Engländer einen Pint (0,5368Liter) Ale in die Hand gedrückt, welches höflich getrunken wird. Ist es endlich geleert, wird direkt für Nachschub gesorgt. Ihre Trinkkultur haben sich die Briten nämlich erhalten, trotz abgeschaffter Sperrstunde. Möglichst viel Bier in kurzer Zeit lautet das Credo.

Punkt 3: Der Verkehr.

Wer schon einmal mit 50 Meilen (1 Meile = 1,6km) „falsch herum“ in einen Kreisverkehr gebraust ist, der weiß wovon ich spreche. Die ersten Tage auf der Insel sind schmerzhaft: Egal ob als BeifahrerIn, im Bus oder als FußgängerIn ― ständig glaubt man sich auf der falschen Seite, schwimmt ständig gegen den Strom und kassiert blaue Flecke, springt im letzten Moment vor dem hupenden Auto weg und rempelt schuldlose Briten an, die sich natürlich sofort entschuldigen. Recht so, sie standen schließlich im Weg rum. Ist das Gehirn einmal umgepolt, lebt es sich gut im Linksverkehr. Besonders das komplett privatisierte öffentliche Personennahverkehrssystem (public transport, oh du wunderbar unkomplizierte englische Sprache!) ermöglicht saubere Bahnen und mehr Servicepersonal. Durch jede Straßenbahn schreiten auch morgens um zehn nach sieben Kontrolleure und versüßen mit ihrer melodischen Frage nach „Any more fares, please?“ den Morgen. Da verzeiht man die verschiedenen, teuren Tickets, die für jede unterschiedliche Firma nötig sind.

jkae

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