Kaffeeservice und Bügelbrett
Anders als die Männer sind die Frauen Fußballweltmeisterinnen geworden. Vom Fußball leben können die meisten von ihnen trotzdem nicht.
Die deutsche Frauenfußball-Nationalmannschaft ist die erste, die ihren Weltmeistertitel verteidigen konnte. Nachdem sie im Jahr 2003 die WM in den USA gewonnen hatte, hat sie die diesjährige Weltmeisterschaft in China sogar ohne Gegentore bestritten. Abgesehen davon, dass der Rummel um die diesjährige WM der Frauen nicht annähernd so groß war die jener um die WM im letzten Jahr – was manch einer sicher ganz angenehm fand – können die Sportlerinnen trotz hervorragender Leistungen nicht vom Fußball leben. Auch in der Bundesliga ist der Kontrast zwischen den Gehältern von Männern und Frauen deutlich: Während etwa Luca Toni jährlich 11 Millionen Euro von seinem Verein FC Bayern München bekommt und sein Teamkollege Frank Ribery 10 Millionen, verdienen die meisten Spielerinnen ein dreistelliges Monatsgehalt. Finanziell hat sich der Weltmeistertitel mit 50.000 Euro Siegprämie für jede auch für die Frauennationalelf gelohnt. Beim letzten WM-Sieg waren es nur 15.000 Euro. Hätten die Männer im letzten Jahr gewonnen, wäre allerdings jeder Spieler um 300.000 Euro reicher geworden. „Das Gehalt einer Bundesligaspielerin und zusätzliche Einnahmen durch Sponsoren oder Geld von der Sportförderung langt gerade so zum Leben. Zum Sparen und Vorsorgetreffen bleibt da aber nichts übrig.“, erklärte Nadine Bieneck, Pressesprecherin des Frauen-Bundesligateams Turbine Potsdam. Die Spielerinnen des HSV Hamburg verdienen monatlich zwischen 150 und 1500 Euro und trainieren viermal pro Woche, dazu kommen die Turniere am Wochenende. Drei der Fußballerinnen sind nebenher berufstätig, die anderen studieren oder gehen zur Schule – damit es für sie noch irgendwie zum Leben reicht, vermittelt der HSV-Sponsor Randstadt ihnen Mini-Jobs. Bei den Spielerinnen der Nationalmannschaft sieht es ähnlich aus.
Sandra Smisek ist ausgebildete Bürokauffrau und arbeitet mittlerweile bei der Polizei, Ariane Hingst ist gelernte Bankkauffrau und hat eine Umschulung zur Physiotherapeutin gemacht, Birgit Prinz studiert Psychologie, Annike Krahn studiert Sport an der Ruhr-Universität und Kerstin Garefrekes hat bis vor Kurzem in der Stadtverwaltung gearbeitet, bis sie nach Frankfurt wechselte und dort jetzt Public Management studiert.
Prekärer als die finanzielle Lage der deutschen Spielerinnen ist allerdings die der Brasilianerinnen, die im WM-Endspiel unterlagen. „Brasilien, wir brauchen Unterstützung“, hatten sie auf ein Plakat geschrieben, dass sie mit zur Siegerinnenehrung brachten. Aline, die Kapitänin des Teams, verdient nur 100 Euro monatlich und hat aber kaum Zeit, neben dem Sport zu arbeiten.
„Einige unserer Nationalspielerinnen sind fast Arbeitslose, die nicht einmal Gehalt, sondern eine Kostenhilfe bekommen.“
Die brasilianischen Fußballerinnen haben jetzt Angst, dass ihre Leistung schnell vergessen wird, weil sie die WM nicht gewonnen haben – und sie weiterhin nicht gefördert werden. Insgesamt haben sich die Frauen im Fußball aber schon viel erkämpft. Bis zum Jahr 1982 war Frauenfußball in Brasilien noch verboten. In Deutschland hob der DFB das Verbot 1970 wieder auf. Und als die Frauen 1989 die Europameisterschaft gewannen, bekamen sie als Siegprämie ein Kaffeeservice und ein Bügelbrett. Das machte die Diskriminierung doppelt klar. Obwohl die Erhöhung der Siegprämie zwischen 2003 und 2007 zeigt, dass die Frauen gegenüber den Männern aufholen, je erfolgreicher sie sind und je beliebter Frauenfußball wird – also auch, je mehr Geld damit zu verdienen ist – zeigt das Beispiel Sport nur auf, wie Frauen auf dem Arbeitsmarkt diskriminiert werden. Denn nicht nur die Spielerinnen der Nationalmannschaft verdienen bei gleicher Leistung wesentlich weniger als ihre männlichen Kollegen, sondern durchschnittlich alle anderen berufstätigen Frauen in Deutschland.
sjn
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