Jubiläen
Folge eins: 1125 Jahre Querenburg
Für die Liebhaber unberührter Landschaften und vorzeigbarer Architektur gibt es beiderseits gute Nachrichten: Es gab eine Zeit, da war das Gebiet, auf dem heute die Ruhr-Uni steht, noch nicht bebaut, sondern eine unberührte Auenlandschaft. Dieser Zeitpunkt liegt naturgemäß ein ganzes Stück in der Vergangenheit. Vor 1125 Jahren war Querenburg noch ein natürliches Idyll. Außer kopulierendem Wild und kreischenden Vögeln gab es nichts, das die Ruhe eines Wanderers gestört hätte. Anders heute: Horden von angehenden Bacheloretten und Bacheloren trampeln über lose Waschbetonplatten und erschrecken sich selbst und ihre Mitmenschen mit solchem Lärm. Wie konnte es dazu kommen?
Vor 1125 Jahren war es Bruder Eusebius vom Orden der Karmeliter, der auf der Suche nach geeigneten Plätzen für ein neu zu gründendes Kloster die Länder durchstreifte. Wie er ausgerechnet auf die Idee kommen konnte, die Querenburger Höhe sei ein geeigneter Ort für dieses Unterfangen, ist nicht bekannt. Der Überlieferung zufolge handelte es sich beim Ankunftsjahr aber um ein besonders heißes Jahr, da Eusebius beschloss, die mitgebrachten Weinrebensetzlinge in die Uferböschung der Ruhr zu pflanzen. Die Hoffnung auf taugliche Trauben wurde naturgemäß bitter enttäuscht. Auch heute zählt das südliche Ruhrgebiet weiß Gott nicht zu den Spitzenweinanbaugebieten dieser Erde, und von Steilhanglagen ist auch weit und breit keine Spur zu finden. Aber zum Glück kam schon 21 Jahre später ein lustiger Franziskanermönch des Weges, der praktischerweise auch ein Rezept für Bier unter seiner Tonsur mit sich führte. Das nach alter Tradition gebraute „Querenburger Klosterbier“ kann auch heute noch in der Klosterschänke genossen werden.
Aber nicht nur der mittelalterliche Klerus fand Gefallen an den malerischen Auenlandschaften im Ruhrtal. Graf Fridolin von Böhnemeier, von seinen Zeitgenossen allgemein als ruchloser Raufbold verschrieen, zeigte in Querenburg seine romantische Ader und errichtete ein schmuckes Wasserschlösschen für sich und seine Frau Brunhilde. Das Schloss wurde leider im dreißigjährigen Krieg von schwedischen Landsknechten geplündert und brannte bis auf die Grundmauern nieder. Als es dann von Alfred Krupp wieder aufgebaut wurde, hatte dieser nicht lange Freude an seiner Immobilie: Amerikanische Tiefflieger zerbombten das böhnemeiersche Schlösschen in mehreren Angriffswellen. Seitdem ist auch kein neuer Versuch gemacht worden, das Schloss wieder herzurichten.
Allerdings gibt es einen Wiederaufbaufond, der sich unermüdlich für den Wiederaufbau des Querenburger Wasserschlösschens einsetzt. Und so wird es auf dem großen Querenburger Stadtteilfest auch wieder eine Tombola geben, deren Erlöse der Restauration des böhnemeierschen Gemäuers zugute kommen sollen. Gerüchten zufolge soll sich sogar Rektor Elmar Weiler dazu bereit erklärt haben, einen Preis für die Tombola beizusteuern: Tolle T-shirts mit dem Aufdruck Elite-Student. Was allerdings beispielsweise ein Frührentner oder eines der zahlreichen Querenburger Kinder sozial unterprivilegierter Familien mit einem solchen Preis anfangen sollte, ist bisher nicht bekannt.
Das Querenburger Stadtteilfest ist aber auch sonst ein großer Spaß für Jung und Alt: Für Stimmung wird die Bonnie Tyler-Coverband mit dem klangvollen Namen „Willi und seine Henker“ sorgen. Der Leadsänger der Band, Willi Kowalski, machte schon mal klar, was den Gast erwartet: „Wir spielen ja nicht nur Bonnie Tyler, sondern auch die alten Sachen von Scorpions oder Peter Maffay, als die noch richtig gerockt haben.“
Aber nicht nur musikalisch, auch kulinarisch, wird das Querenburger Stadtteiljubiläum neue Maßstäbe setzen. Aus Bochums Partnerstadt Oviedo wird eine Gruppe von Paellaköchen erwartet. Diese kommen aus einem Dorf im Umland von Oviedo namens Villariba. Im Gepäck werden sie eine Riesenpaellapfanne mit einem Durchmesser von 4,5 Metern mitbringen. José Echeverrià , zuständig für den Reis und die Erbsen in der Pfanne, erklärte: „Wir mussten die Pfanne in zwei Teile schneiden und hier wieder zusammenschweißen, weil wir auf den französischen Autobahnen sonst nicht durch die Mautstationen gekommen wären.“
Begleitet wurden José Echeverrià und Konsorten bei ihrer Tour von einem Kamerateam von SPIEGEL TV. Wer José beim Schweißen zuschauen will, sollte am 23. Oktober RTL schauen, dann wird die Odyssee der Paellaköche übertragen. Bis dahin kann man sich die Zeit mit einer Portion Paella aus der Riesenpfanne auf dem Stadtteilfest in Querenburg vertreiben oder auf sein Glück bei der Tombola hoffen.
 m Benz
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