Die meisten Studentenverbindungen nehmen nach wie vor weder Frauen, Wehrdienstverweigerer, Homosexuelle, Nicht-Christen noch Menschen mit Migrationshintergrund auf. Nur einige wenige Burschenschaften begannen Mitte der 70er aus finanziellen Nöten oder Nachwuchsmangel weibliche Mitglieder zuzulassen. Argumentiert wird häufig damit, dass Frauen in „echten Männerfreundschaften“ nichts zu suchen hätten, oder dass Männer auch nicht auf die Idee kämen, „Mitglied in einem Kaffeekränzchen zu werden“ (Vorsitzender des Dachverbandes „Deutsche Burschenschaft“ Seiffe, 1980). Die Definition, wer „Ausländer“ sei und wer nicht, basiert dabei auf einem völkischen Denken in der klassisch deutschen „Blut und Boden“-Manier: Die Zuordnung erfolgt nicht über die deutsche Staatsbürgerschaft, sondern über Abstammung und Zugehörigkeit zur „deutschen Scholle“. Kurz gesagt sind Österreicher allgemein willkommen, während ein in Deutschland geborener Student, dessen Eltern ursprünglich aus der Türkei stammen, trotz des deutschen Passes als „Ausländer“ gilt.
Korporierte Erziehung:
Der Alkohol macht´s

Die bereits beschriebenen regressiven, antiemanzipatorischen und autoritären Tendenzen zeigen sich jedoch auch im Umgang der Verbindungsstudenten untereinander. Das gehegte Ideal einer Erziehung, die den elitären Anspruch auf die Ausbildung einer „pflichttreuen“ und „charakterfesten Führungspersönlichkeit“ beinhaltet, drückt sich in den offiziellen Regeln des Zusammenlebens aus. Diese sind im „Comment“ schriftlich festgehalten. Geregelt sind dort alle Bereiche des Lebens von speziellen Kleiderordnungen bis zum Biertrinken. Ein Beispiel hierfür ist die „Kneipe“, ein „geselliges Trinken in festgelegter Form“: Wer die Reglementierungen verletzt, wird gezwungen in einer bestimmten Art und Weise große Mengen Alkohol zu konsumieren – das zwischenzeitliche Übergeben mit inbegriffen. Dafür stehen in vielen Burschenschaftshäusern sogar besondere Waschbecken mit Haltegriffen zur Verfügung. Ein besonders grausames Mittel der korporierten „Erziehung“ ist das Mensur-Fechten, das in den „schlagenden“ Verbindungen praktiziert wird. Bei diesen stark reglementierten Kämpfen mit scharfen Waffen geht es darum, die Studenten an ihre Grenzen zu treiben und sie zum Erlernen und Umsetzen der Regeln unter der Gefahr von Schmerz zu zwingen. Dies gipfelt oftmals auch heute noch im gegenseitigen Zufügen von Fechtverletzungen, sogenannten „Schmissen“, zumeist im Gesichtsbereich – Narben, die ein Leben lang bleiben.

Elite über alles:
Lebensbund und Klüngelei

Wer sich diesen Regeln und Ritualen unterwirft, lernt sich in feste Hierarchien einzufügen, und wer die Gruppe für wichtiger erachtet als das Individuum, erhält im Austausch Zugang zur Gemeinschaft der Verbindung. Eine Gemeinschaft, deren Teil die Verbindungsstudenten ein Leben lang bleiben. Nach dem „Lebensbundprinzip“ wird der Student nach Vollendung des Studiums und Eintritt in das Berufsleben automatisch zu einem „Alten Herrn“, bleibt dabei jedoch Teil der Verbindung. Seine Aufgabe ist nun die Finanzierung seiner Burschenschaft – hinzu kommt die automatische Umsetzung und Propagierung der erlernten Prinzipien von Treue, Unterwerfung und Autorität, die er während seines Studiums gelernt hat. Nicht zu vernachlässigen ist auch die Funktion der „Alten Herren“ als Karrierevermittler für den korporierten Nachwuchs, um zu garantieren, dass die oben beschriebenen „Ideale“ in den selbsternannten Eliten nicht untergehen.

Verbindungen nach Rechts
mit Tradition

Leider reicht der Platz nicht aus, um hier im Weiteren die personellen und inhaltlichen Überschneidungen zwischen Burschenschaften und rechtsextremen Organisationen auszuführen. Jedenfalls lässt sich abschließend sagen, dass es recht zweifelhaft ist, ob die Mitgliedschaft in einer Burschenschaft tatsächlich „besser für dein Studium“ ist, wie die in Bochum ansässige Prager Arminia, eine farbentragende und schlagende Burschenschaft, vor kurzem auf ihren Flugblättern behauptete. Wer Freunde sucht und gerne mal nach der Uni was trinken gehen will, findet mit Sicherheit woanders bessere Gesellschaft.
USch

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