„Die Wohnung ist unverletzlich.“ [Art. 13 (1) GG]

Wie bei der Debatte um die im Mai 1968 im Bundestag verabschiedeten „Notstandsgesetze“ zu Zeiten der letzten Großen Koalition aus CDU und SPD (1966-69), durch die bis heute die Option eines Einsatzes der Bundeswehr im Innern eröffnet wird, stellt sich angesichts der tiefen Eingriffe in verfassungsmäßige Grundrechte durch das neue BKA-Gesetz einmal mehr die Frage, welche Mittel geboten sind, um eine weitere Aufweichung des Grundgesetzes abzuwenden. Zumindest der ohnehin bereits stark eingeschränkte Artikel 13 des Grundgesetzes wäre durch die Novellierung des BKA-Gesetzes in der Mitte April zwischen Innen- und Justizministerium vereinbarten Form im Kern angegriffen: Die „Unverletzlichkeit der Wohnung“ würde durch die Möglichkeit heimlicher Kameraüberwachung von Wohnungen auch unverdächtiger Personen, in denen Verdächtige regelmäßig verkehren, endgültig zur Farce.

„Recht zum Widerstand“
[Art. 20 (4) GG]

Sind die Verfassungsgrundsätze jedoch substantiell gefährdet, verbrieft Artikel 20 (4) des Grundgesetzes das Widerstandrecht gegen derartige Bestrebungen: „Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen“ wird dort „das Recht zum Widerstand“ eingeräumt, sofern „andere Abhilfe nicht möglich ist.“ Und Letzteres trifft zumindest insoweit zu, da die in Regierungsverantwortung befindlichen politischen Eliten derzeit in haarsträubender großkoalitionärer Arroganz über den Willen der Bevölkerung hinwegsehen. So äußerten in einer aktuellen Online-Umfrage (siehe Kasten) mehr als 94 Prozent von über 3.000 TeilnehmerInnen, dass ihnen die erweiterten Überwachungsmaßnahmen von Privatwohnungen zu weit gehen.

Politischer Streik als Mittel der Gegenwehr?

Im Mai ´68 äußerte sich der Widerstand breiter Teile der Bevölkerung nicht nur in Massenprotesten auf der Straße, sondern auch in der Blockade öffentlicher Institutionen wie den Universitäten und spontanen Arbeitsniederlegungen. So kam es beispielweise im Ruhrgebiet zu sogenannten „wilden Streiks“ vor allem in der Metallindustrie, um die Notstandsgesetze aufzuhalten. Darüber, ob ein solches politisches Agieren der Arbeitenden angesichts der sich bereits sehr schwierig gestaltenden aktuellen Abwehrkämpfe (Opel Bochum, Nokia) heute erfolgreicher verlaufen würde als damals, läßt sich nur spekulieren. Wichtig wäre aber, dass das Mittel des politischen Streiks – bei unseren französischen NachbarnInnen Normalität – hierzulande endlich wieder ins Bewusstsein der Menschen gelangt!
USch

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