Moderner Wohnkomfort oder eher die letzte Absteige – diese Frage stellte sich die :bsz-Redaktion und ging ihr in ausgewählten Akafö-Wohnheimen auf den Grund. Die Antwort fiel teils ernüchternd, jedoch nicht ganz unerwartet aus: Es gibt tatsächlich einiges in den Räumlichkeiten zu ändern. Doch nicht für jedes Problem werden das Studierendenwerk oder andere Vermieter eine Lösung finden können – auch die MieterInnen selbst müssen offenbar ihre Art zu leben überdenken.
In diesem Wintersemester sind 2,8 Millionen Studis an deutschen Hochschulen eingeschrieben. Den Ausbau der Studienplätze finanzieren Bund und Länder gemeinsam mit den Hochschulpakten. Dabei ist die soziale Infrastruktur jedoch nicht proportional zum Anstieg der Studierendenzahlen gewachsen.
Doch es mangelt nicht nur an Wohnheimplätzen selbst – auch wer den Luxus eines Zimmers hat, lebt noch lange nicht in paradiesischen Verhältnissen. Im Jahr 2015 könnte man meinen, dass sowohl Instanzen wie das Akafö als auch die BewohnerInnen selbst wissen, wie hygienische Lebensverhältnisse möglich sind. Offenbar ist dem nicht so: In manchen Wohnheimecken wimmelt es etwa von Schimmel und Ungeziefer. Doch steht das so sehr im Kontrast zu den regulären Problemen in privaten WGs?
Beschwerden über Beschwerden …
In Wohnheimen leben nun mal viele Menschen – da kommt es nicht nur ab und an zu studi-typischer Lärmbelästigung, sondern auch zu generellen technischen Beschwerden. Der Strom fällt aus, die Lebensmittel sowie ihre Besitzer leiden: „Da ist man zwei Tage weg und in der Zeit springen die Sicherungen raus. Mein Essen im Kühlschrank war dann natürlich verdorben“, berichtet Theresa*, Ostasienwissenschaftsstudentin und Mieterin im Wohnheim Querenburger Höhe.
Auch von Einbrüchen hört man immer mal wieder. Auf Nachfrage konnte der Pressesprecher der Bochumer Polizei, Axel Pütter, keine genauen Angaben machen, wie häufig in lokalen Wohnheimen eingebrochen wird. Er betonte allerdings, dass die Polizei in Bezirken, die gemeinhin als Brennpunkt gelten, mit erhöhter Frequenz Streife fährt – dazu gehören auch die Gegenden, in denen die Wohnheime des Akafö stehen.
Ein anderes Problem stellt der mangelnde Wechsel von Matratzen in möblierten Zimmern dar. Er kann bei MieterInnen Pilze, Ausschläge oder andere Hautkrankheiten – wie zum Beispiel Krätze – verursachen. Eine davon betroffene Bewohnerin aus dem Sumperkamp erzählt: „Fast ein Jahr musste ich mich von dieser Krankheit erholen.“ Aus Scham habe sich Maja nicht an die Hausverwaltung gewandt. Ob ihre Erkrankung aber tatsächlich der benutzten Matratze geschuldet war, ist nun schwer nachzuvollziehen.
Putz-Set gegen Ungeziefer
Ungern gesehene Gäste in der Wohnung sind Lebensmittelmotten und Kakerlaken – die findet man wohl auch in privaten Behausungen, vor allem in chaotischen Studi-Buden. Jedoch beklagt das Wohnheim Sumperkamp immer mal wieder den Befall durch Pharaoameisen, die unter anderem als Krankheitsüberträger gelten.
Das Akafö versucht, die Ausbreitung solcher tierischer Mitbewohner seit Beginn des Jahres konkret zu verhindern: Laut Homepage erhält jedeR MieterIn beim Einzug ein Putz-Set namens „Home Clean Home“ inklusive mehrsprachiger Anleitung. Es beinhaltet drei farblich gekennzeichnete Reinigungsmittel – je eines für Bad und Fenster sowie einen Allesreiniger. Dazu gibt es einen Eimer mit Wringeinsatz, Wischmopp und Mikrofasertücher. Die multilingualen Beschreibungen sollen es den vielen internationalen Studierenden erleichtern, die entsprechenden Reinigungsmittel richtig zu verwenden.
Obwohl das Programm im November 2014 eingeführt worden ist, scheint es noch nicht ganz flächendeckend zu funktionieren: Theaterwissenschaftsstudentin Chantal wohnt bereits seit Februar diesen Jahres im Erlenkamp, hat aber bis heute kein Putz-Set erhalten.
… teilweise selbst verschuldet?
Wirtschaftsstudent Markus ist ehemaliger Bewohner des Sumperkamps. Er zog aus, da ihn die Gemeinschaftsbäder mit Schimmel und die Lebensmittelmotten in der Küche anwiderten: „Die Motten waren teilweise überall. Ich habe alle Lebensmittel schon in Plastikdosen gehalten, doch die haben es immer wieder geschafft, da rein zu kommen und ihre Eier zu legen. Es ist ekelhaft, seine Reisepackung zu öffnen und da Maden sehen zu müssen.“
Theresa ist immer noch entsetzt, seit sie zum ersten Mal eine Kakerlake in ihrem Apartment in der Querenburger Höhe sichtete: „Die Viecher sind super eklig. Ich räume täglich meine Wohnung auf, die müssen von meinen Nachbarn kommen.“
Da helfen leider auch die Putz-Sets vom Akafö nicht. Die BewohnerInnen sollten sich wohl mal an die eigene Nase fassen und ihr Hygieneverhalten drastisch verbessern. So lange das noch nicht klappt, meldet Euch bei Schädlingsbefall ruhig bei Euren Hausverwaltern.
Unfreiwillig in der Küche schwimmen
Wofür die BewohnerInnen allerdings nichts können, sind zum Beispiel undichte Fenster. Im komplett sanierten Wohnheim Erlenkamp – inklusive neuer Solarzellen und Belüftungsanlage – beklagen die Studis, dass sie bei stärkerem Regen Handtücher vor die Fenster legen müssen. Trotzdem seien durch die Wasserbelastung bereits Möbel unbrauchbar geworden.
Das Akafö gehe zwar momentan in einem laufenden Prozess gegen die Missstände vor, jedoch würden die Studierenden erst beim Einzug über die Problematik informiert, so der zuständige Hausverwalter Bernd Rasche. Er erkläre den Neuzugängen, dass man keine Elektroartikel auf den Fensterbänken lagern sollte, da Regenwasser durch den Fensterrahmen eindringt.
Archäologiestudent Kai wohnte zwei Jahre im Erlenkamp: „Direkt unter den Fenstern verlaufen Heizungsrohre und Stromkabel unter einer Plastikabdeckung; ich hatte immer Sorge, dass das Regenwasser diese kaputt macht. Wer haftet dann dafür? Oder für unsere Wertsachen, die kaputt gehen? Ich weiß nun, dass es deutlich günstiger ist, nicht in Wohnheimen zu wohnen.“
Wir sprachen wegen der obigen Beschwerden mit dem zuständigen Pressesprecher des Akafö und haben bereits einen Termin vereinbart, um eine Stellungnahme zu erhalten. Erste Gespräche sind für diese Woche geplant, wir halten euch auf dem Laufenden.
:Katharina Cygan
& :Tobias Möller
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