Niemand will sein Praktikum nur an der Kaffeemaschine oder am Kopierer verbringen. Also sollen PraktikantInnen gefälligst froh sein, wenn sie mal wie ihre vollbezahlten KollegInnen richtig an die Arbeit dürfen. Dafür dann auch noch Geld zu verlangen, ist nun wirklich unverschämt, scheint man sich am Landesarbeitsgericht Hamm zu denken.
Acht Monate lang hatte eine Praktikantin bei einem Rewe-Markt in Bochum gearbeitet. Ein Vollzeitjob also, der nicht nur geistig, sondern auch körperlich anstrengt. Geld dafür hat die junge Frau bis jetzt keines gesehen: Obwohl ihr Praktikum ursprünglich nur für die Dauer eines Monats angesetzt war und dann immer wieder verlängert wurde, will das Landesarbeitsgericht Hamm kein Arbeitsverhältnis erkannt haben, sodass der Praktikantin auch kein Lohn zusteht. Stattdessen sei das Praktikum allein zum Zweck des Sammelns von Berufserfahrung geschehen.
Glaubt man zahlreichen Medienberichten, so scheint bloße Berufserfahrung den schnöden Mammon mittlerweile als Arbeitslohn der vielbeschworenen „Generation Praktikum“ abgelöst zu haben. Schließlich hat der idealtypische Mensch profanen Dingen wie Geld ja längst abgeschworen und arbeitet nur noch, um seinen Horizont zu erweitern und seinen Lebenslauf für die nächste unbezahlte Stelle aufzuhübschen, denn die Angst vor Lücken in der Vita ist allgegenwärtig – mit Folgen: Eine Mediengestalterin in Oberhausen suchte sich nach dem Verlust ihres alten Jobs ein (unbezahltes) Praktikum, um weiterhin Berufspraxis zu sammeln. Das Jobcenter strich ihr daraufhin die Leistungen – mit der etwas seltsamen Begründung, dass sie schwerer an potenzielle ArbeitgeberInnen zu vermitteln sei, wenn sie in Vollzeit einer beruflichen Tätigkeit nachginge.
Merke: Eigeninitiative der Generation Praktikum ist ebenso unerwünscht wie der pragmatische Gedanke, dass Berufserfahrung am Ende des Tages eben niemandem hilft, seine Miete zu bezahlen oder Essen auf den Tisch zu bekommen.
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