Bild: Kritische Kunst: Diese Aufforderung war lange Zeit in der Hall of Fame an der Hermannshöhe zu lesen. , Graffiti als Kunst im öffentlichen Raum Bild: juma

Kunst. Zwischen Kunst und Sachbeschädigung besteht nur ein schmaler Grat. Bei Graffiti liegt es allzu oft im Auge der/des Betrachtenden, ob an Hauswand oder S-Bahn nun Kunst entstanden ist oder Schmierfinke ihr Unwesen trieben. Mehr über Graffiti gibt‘s beim Wright-Festival in Bochum.

Auch in Bochum ist Graffiti weder aus dem Stadtbild noch aus der Kunstszene wegzudenken, daher wird im Rahmen des NRW-weiten Kunst-Festivals „Transurban“ auch unsere Stadt Schauplatz von Streetart. Noch bis zum 27. Oktober informiert und animiert das Wright-Festival seine BesucherInnen dazu, Graffiti zu erleben oder selbst auszuprobieren. Keine Frage: Graffiti hat den öffentlichen Raum erobert und ist längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Bei dieser Kunstform spalten sich die Geister, doch dass die oftmals hohe Kunst mit der Dose oder auch nur mit dem Edding längst in der (urbanen) Kunstszene angekommen ist, kann nicht geleugnet werden: Banksy füllt mit seinen Stencils Galerien und Städte fördern den Erhalt von besonderen Werken.
Doch Graffiti ist nicht nur bunt und schön, es hat auch seine im Allgemeinen als hässlich angesehenen Seiten. Vollgesprühte Züge und kaum eine Straßenecke mit mehr oder minder aufwändigen Tags voll gemalt. Ja, nicht immer hat man es mit Werken von MOSES & TAPS (die trotz ihrer überragenden Kunstfertigkeit in der Illegalität malen) zu tun, Graffiti ist für JedeN und Graffiti kann von allen Interessierten angefertigt werden. Gefallen muss es daher noch nicht.

Zwischen Politik und Kunst 

Es gibt kaum eine Stadt, die nicht eine politische Graffiti-Crew ihr Eigen nennen darf (oder muss), denn Streetart ist auch immer Ausdruck von Rebellion. In Bochum bedeckt der Schriftzug „IOR“ oder „1I9O8R4“ ganze Straßenzüge oder auch mal die S1 der Deutschen Bahn. Gesellschaftskritik in kryptischer Form. Die SprayerInnen hinter IOR spielen auf George Orwells Roman „1984“ an:   Kritik an herrschenden Verhältnissen in der Illegalität – In Orwells Reality.
Dort, wo die verhassten Kameras keine Einblicke erhaschen können, schlagen sie zu und bringen Farbe auf graue Wände.

Der volle Name der Crew ACAB ist weniger kryptisch, fast schon selbst erklärend. Spätestens das oft genutzte Anarchismus-A in den Werken der KünstlerInnen zeugt von ihrer politischen Haltung.

Doch auch in der Naziszene ist Graffiti kaum noch weg zu denken, vor einiger Zeit sorgte ein unter dem Namen „KAR“ malender Neonazi für einen Eklat in der Dortmunder Szene: Zahlreiche Werke stadtbekannter WriterInnen waren über Nacht nicht wiederzuerkennen, statt bunter Bilder und Schriftzüge prangerte plötzlich „Nazikiez“ von Dortmunds Wänden. Stets unterzeichnet mit dem Kürzel „KAR“, „Kriminelle Ausländer raus“.
Graffiti war schon immer politisch, aber selten rechts.

It ain‘t gonna die 

Graffitientfernung ist längst ein rentables Geschäft geworden, große Firmen wie Evonik setzen jährlich horrende Summen durch Chemikalien zur Graffitientfernung um und die Deutsche Bahn kämpft mit Graffitischäden in zweistelliger Millionenhöhe. Doch was vor Jahrtausenden damit begann, dass RömerInnen ihre Namen in Wände ritzten, wird nicht einfach so enden. Die Graffiti-Szene wächst fast täglich und die Akzeptanz im öffentlichen Raum wird seit Jahren gefördert, allein in Bochum sind 22 Flächen zum legalen Malen freigegeben. Es bleibt, wie es ist: Das ist Kunst, das kommt nicht weg.

Mehr Infos zur Transurban und dem Wright-Festival gibt es auf trans-urban.de

:Justinian L. Mantoan

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